Landwehr, Achim, Kulturgeschichte (= UTB 3037). Ulmer, Stuttgart 2009. 128 S. 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der 1968 in Heilbronn geborene, nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Rechtswissenschaft in Augsburg, Freiburg, Basel und Dublin 1999 in Freiburg im Breisgau über Policey im Alltag - Die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg promovierte, als Juniorprofessor (2003) in Düsseldorf 2005 habilitierte und 2008 für Geschichte der frühen Neuzeit (in Düsseldorf) berufene Verfasser fragt zu Beginn seiner Einführung: was ist Kulturgeschichte? und erklärt sie am Ende für uralt und brandneu zugleich. Auf dem Weg dorthin stellt Kultur im engeren Sinn als Pflege und Kultivierung des Menschen durch Erziehung, Religion, Wissenschaft oder Kunst dar, im weiteren Sinn als Ausstattung von Gesellschaften umgebenden Wirklichkeiten mit bestimmten Bedeutungsnetzen. Kulturgeschichte ist danach eine Perspektive, die auf die historischen Formen von Sinn und Bedeutung zielt, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeit ausgestattet haben.

 

Das zweite seiner insgesamt zehn Kapitel betrifft die Geschichte der Kulturgeschichte, die er im engeren Sinne im 18. Jahrhundert beginnen lässt. Bedeutende Vertreter sind Giambattista Vico (1668-1744), Voltaire (François Marie Arouet 1694-1778), Johann Christoph Adelung (1732-1806), Johann Gottfried Herder (1744-18039), Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), Jacob Burckhardt (1818-1897), Karl Lamprecht (1856-1915), Max Weber (1864-1920) und Norbert Elias (1897-1990). Die Gesamtheit ihrer geschichtlichen Interessen lässt der Verfasser einleuchtend in der Kulturgeschichte zusammenfließen.

 

Als thematische Bereiche untersucht er Theorien, Methoden und Quellen, Gedächtnis und Erinnerung, Körper und Geschlecht, Wissenschaft, das Politische, Krieg und Gewalt und Wirtschaft, denen gegenüber das Recht eher im Hintergrund bleibt. Über den bisherigen Stand hinaus soll Kulturgeschichte ihre Interessen und Fragestellungen auf alle Gebiete anzuwenden in der Lage sein. Dazu möchte der durch einen Serviceteil mit weiterführender Literatur, Glossar und einseitigem Sachregister von Alltag bis Zivilisation sowie vier kleinen Abbildungen von Luther im Kreise der Familie bis zum Wissensbaum Diderot/d’Alemberts ausgestattete kleine Band so beitragen, dass möglicherweise in absehbarer Zeit eine andere Einführung in die Kulturgeschichte geschrieben werden kann, die in wesentlich selbstverständlicherer Weise Themen zum Inhalt hat, die klassischerweise nicht der Kulturgeschichte zugeordnet wurden, aber selbstverständlich dazugehören sollten.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler