Gleichstellungspolitik in Österreich. Eine kritische Bilanz, hg. v. Appelt, Erna (= Demokratie im 21. Jahrhundert 5). StudienVerlag, Innsbruck 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der zunehmenden Verrechtlichung des menschlichen Lebens ist neben die Macht das Recht getreten. Spätestens mit der französischen Revolution des Jahres 1789 ist die Gleichheit zumindest vor dem Gesetz als allgemeiner Grundsatz in das menschliche Bewusstsein der gebildeten Kreise eingedrungen. Seit dieser Zeit ist das Recht ein relativ wirksames Mittel zur Erreichung angestrebter Gleichheit.
Eines der Hauptfelder der geschichtlich entstandenen Ungleichheit betrifft das Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Hier hatte sich die durchschnittlich größere Körperkraft der Männer in der Form patriarchalischer Familienstrukturen verwirklicht. Seit grundsätzlicher Anerkennung der Gleichheit lösen sie sich aber mehr und mehr teils von selbst auf, teils werden sie bewusst durch politische Maßnahmen aufgelöst.
Anliegen des 15 Referate umfassenden Sammelbandes ist es, einen Überblick über die besondere Gleichstellungspolitik Österreichs, in dem eine Familienpolitik konkurriert, die trotz aller Modernisierung dem traditionellen Geschlechterarrangement verpflichtet bleibt, ihre Institutionalisierung sowie über politische Instrumente und Maßnahmen zu geben und dabei strukturelle Voraussetzungen und politische Strategien zu erörtern und alte und neue Konfliktfelder zu thematisieren. Da Staat, Familie, Markt und Gesellschaft beteiligt sind, werden auch die Folgen des Umbaus des österreichischen Wohlfahrtsstaats, die Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis und die Möglichkeiten und Grenzen betrieblicher Gleichstellungspolitik angesprochen. Erfasst werden etwa Familie, Betrieb, Schule, Universität oder Kultur, während Religion, Medien, Sport oder Vereinswesen ausgespart blieben.
Ganz überwiegend Frauen widmen sich dabei den Einzelfragen. Sie vertreten etwaden Standpunkt „ein bissel Gleichbehandlung gibt’s nicht“, kommen aber auch zu dem Ergebnis, dass eine geschlechtergerechte Arbeitsteilung in österreichischen Paarhaushalten mit Kindern theoretisch an sich, aber praktisch doch nicht besteht. Obwohl der Anteil der Frauen an den Studierenden umfassend zugenommen hat, muss Eva Blimlinger am Ende feststellen, dass noch immer keine einzige der 21 österreichischen staatlichen Universitäten von einer Frau geleitet wird, so dass trotz vieler in den Beiträgen sorgfältig und detailliert aufgezeigter Veränderungen in der Gleichstellungspolitik Österreichs auch nach dieser wichtigen Bilanz noch weiterer Gleichstellungsbedarf ausgemacht ist.
Innsbruck Gerhard Köbler