Fu, Guangyu, Das Causaproblem im deutschen Bereicherungsrecht. Eine rechtshistorische Untersuchung (= Rechtshistorische Reihe 408). Lang, Frankfurt am Main 2010. XV, 161 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Jan Schröder betreute, im Wintersemester 2009/2010 von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation des 1974 in China geborenen, chinesische Sprache und Literatur an der Sun Yat-sen Universität in Guangzhou und Rechtswissenschaft an der China Universität für Politik- und Rechtswissenschaft in Beijing studierenden Verfassers, der seitdem an der juristischen Fakultät der University of International Business and Economics in Beijing als Dozent für Zivilrecht und Rechtsgeschichte tätig ist. Der Verfasser geht in seiner kurzen Einleitung von der Mehrdeutigkeit der causa im Zivilrecht und von der Vagheit der causa im Bereicherungsrecht aus. Der nach der klaren Beschreibung des jüngeren Forschungsstandes genannter Gegenstand seiner Untersuchung ist nicht die causa im Sinne der Grundlage des Bereicherungsrechts, sondern das Tatbestandsmerkmal sine causa bei Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion.

 

Dabei geht es dem Verfasser nicht um eine einheitliche Begriffsbestimmung, weil er mit Javolen jede Definition im Zivilrecht als gefährlich und nach eigener Einschätzung als weder vernünftig noch möglich ansieht. Vielmehr will er darlegen, wie der Causabegriff ursprünglich in das Bereicherungsrecht eingedrungen ist, wie die Wendung sine causa entstanden ist, welchen Wandel sie erlebt hat und wie die heutige Dogmatik die vorangehenden Causalehren bewertet. Hierfür durchschreitet er mutig die europäische Rechtsgeschichte vom antiken römischen Bereicherungsrecht über das mittelalterliche Recht, die frühe Neuzeit und das neunzehnte Jahrhundert bis zur Gegenwart.

 

Nach seinen Erkenntissen war causa bei den römischen Klassikern kein Fachausdruck, sondern unbelasteter Allgemeinbegriff der forensischen Rhetorik, der selbst bei manchen wichtigen „Condictionen“ nicht verwendet wird. Die condictio sine causa ist zwar ein neuerr Kondiktionstyp der justinianischen Kompilation, doch ist der Anwendungsbereich nur ziemlich ungenau bezeichnet. Auch den Glossatoren und Kommentatoren des hohen und späten Mittelalters gelingt es noch nicht, causa oder sine causa zu einem allgemeinen Tatbestandsmerkmal zu machen.

 

Einen wesentlichen Fortschritt ortet der Verfasser erst bei Savigny (im fünften Band seines Systems des heutigen römischen Rechts 1841), bei dem „ohne rechtlichen Grund“ ein allgemein negatives Tatbestandsmerkmal wird, dessen konkreter Inhalt aber doch wieder von Fall zu Fall verschieden ist. Die meisten Gesetzgebungsarbeiten des 19. Jahrhunderts folgen Savigny und setzen eine Vermögensverschiebung ohne rechtlichen Grund für einen Bereicherungsanspruch voraus. Gleichwohl hängt auch nach der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1900 bei der Leistungskondiktion der rechtliche Grund vom Willen bzw. Zweck des Entreicherten ab, während bei der Nichtleistungskondiktion die objektive Rechtsordnung entscheidet, wobei in der Folge bei der Leistungskondiktion das Tatbestandsmerkmal ohne rechtlichen Grund gewissermaßen durch das Tatbestandsmerkmal durch die Leistung entleert wird.

 

Insgesamt wirkt die Leistung des Verfassers überzeugend. Er verwertet die wesentliche Literatur und kommt in straffer Gedankenführung zu ansprechenden Ergebnissen. Geringe sprachliche Schwächen haben demgegenüber keine Gewicht.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler