DRQEdit - Deutschsprachige Rechtsquellen in digitaler Edition, projektgeleitet v. Speer, Heino, Heidelberg 2010. http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drqedit/
Während seines jahrzehntelangen aufopfernden Einsatzes für das Deutsche Rechtswörterbuch in Heidelberg ist sein Forschungsstellenleiter Heino Speer zu der überzeugenden Erkenntnis gelangt, dass die Quellennutzung angesichts der fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten der Jetztzeit noch verbessert werden kann. Insbesondere die gedruckten Texte des 15. und 16. Jahrhunderts sind wegen der seinerzeitigen niedrigen Auflagen und der Vergänglichkeit alles Irdischen in der Gegenwart vielfach nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden, die wegen ihrer Seltenheit vor Ort in jeweiligen Handschriftenlesesälen aufgesucht werden müssen. Dies kostet so viel Zeit und Geld, dass dadurch die Möglichkeiten wissenschaftlichen Fortschritts deutlich eingeschränkt werden.
Es ist daher sehr zu begrüßen, dass Heino Speer aus dieser Erkenntnis die einleuchtende Folgerung gezogen hat, einen ausgewählten Quellenbestand im Rahmen eines öffentlich geförderten und damit auch öffentlich wirksamen wissenschaftlichen Projekts jedermann überall als Corpus in digitaler Form zur Verfügung zu stellen und nach verschiedenen Metadaten recherchierbar zu machen. Noch einen wesentlichen Schritt hierüber hinaus reicht der Plan, die Werke auch nach Möglichkeit durch Transkription der relativ individuellen gesetzten Drucktypen der Veröffentlichungszeit in normierte digital lesbare Schriftzeichen der Gegenwart von der bloßen Bildkopie zur überlegenen Textkopie zu machen, die auf der Wortebene durchsucht werden und teststellenspezifisch mit Zusatzinformationen angereichert werden kann. Dadurch werden zusätzliche Suchmöglichkeiten und Kommentiermöglichkeiten eröffnet.
Für ein deutsches Rechtswörterbuch sind dabei naheliegenderweise die deutschen Texte besonders ergiebig und interessant. Deswegen betrifft das Quellencorpus die zumindest teilweise deutschen, zwischen der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern um 1450 und dem Jahr 1600 gedruckten normativen Texte (Erstdrucke und wesentlich geänderte spätere Ausgaben etwa von Gerichtsordnungen, Malefizordnungen, Stadtrechtsreformationen, Landrechten, Landesordnungen und Reichsabschieden) und Denkmäler populärer Rechtsliteratur (beispielsweise Übersetzungen und Darstellungen des römischen Rechts, Ausgaben der deutschen Rechtsbücher, Formelbücher u. s. w.). Nach Heino Speers jahrzehntelanger sorgfältiger Beobachtung ergibt sich daraus ein Corpus von etwa 450 Werken mit rund 90000 Druckseiten (durchschnittlich 200 Seiten pro Werk) und vielleicht rund 3 Millionen Wörtern.
Für dieses grundsätzlich über kurze Siglen identifizierbare Corpus gibt es ein eigenes Quellenverzeichnis. Es enthält die bibliographischen Angaben zu allen einzelnen einbezogenen Werken, die für das 15. Jahrhundert dem Incunabula Short Title Catalogue und für das 16. Jahrhundert dem Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts entstammen. Darüber hinaus bietet es den Direktzugriff auf die bisher verfügbaren Digitalisate sowie zahlreiche weitere wertvolle Hinweise.
Die in diesem Rahmen gezeigten Faksimiles stammen aus verschiedenen Bibliotheken, die sie aus verständlichen Gründen meist im Rahmen ihres eigenen Onlineangebots präsentieren, auf das DRQEdit jeweils hinweist. DRQEdit verzichtet dabei auf die Darstellung von Einband und Vorsatzseiten. Je nach dem Angebot der betreffenden Bibliothek stehen dem Nutzer bis zu vier Auflösungen zur Verfügung.
Die DRQEdit-Quellen mit Faksimile reichen derzeit in alphabetischer Ordnung von der churfuerstlichen Stat Amberg Gesatzbuch von 1554 bis zu Philip Zwengels New Grosz Formular vnd vollkommlich CantzleiBuoch von 1568. Volltexte stehen bereits zur Verfügung von der Bambergischen Halsgerichtsordnung von 1507 bis zu des Fürstenthumbs Wirtemberg newer Landtsordnung von 1552. Das sind gewissermaßen als Spitze des großen wertvollen Eisbergs schon mehr als 50 wichtige Quellen.
Insgesamt dürfte dadurch die wissenschaftliche Arbeit mit deutschen Rechtsquellen des betreffenden Zeitraums erheblich erleichtert und beschleunigt werden können. In die einzelnen Möglichkeiten und Schwierigkeiten führen die unter DRQEdit im Internet leicht aufrufbaren Hinweise schnell und umfassend ein. Möge das von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, vom Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main und der Professur für historisch-kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung der Universität Köln getragene Projekt mit Hilfe weiterer öffentlicher Mittel weiter sehr gut vorankommen, so dass es seinem verdienstvollen Gründer und Leiter in möglichst kurzer Zeit plangemäß gelingt und dem Deutschen Rechtswörterbuch und der wissenschaftlichen Öffentlichkeit als optimales Hilfsmittel für die ausgewählte Periode bald in Gänze zur Verfügung steht.
Innsbruck Gerhard Köbler