Cuadernos de Historia del Derecho, hg. v. Departamento de Historia del Derecho y de las Instituciones, Bd. 15. Servicio de publicaciones Universidad Complutense, Madrid 2008. 419 S. Besprochen von Thomas Gergen.
Das rechtsgeschichtliche Institut der Universität
Complutense von Madrid gibt bereits seit 1994 die Jahrbücher für
Rechtsgeschichte heraus, von denen im Rezensionsteil dieser Zeitschrift bereits
in regelmäßiger Folge die Bände besprochen wurden[1].
Anzeigungswürdig sind auch die Beiträge des fünfzehnten Bandes, die viele
Aspekte der Rechtsgeschichte mit Schwerpunkt auf der iberischen Halbinsel
bieten[2].
Alberto Herranz Torres schreibt zu „Bevölkerungspolitik: Stadtrecht für San
Martín de la Vega (1443). Ortsbürgerrecht der Stadt Batres (1500)“: Aus dem
Stadtrecht San Martín de la Vegas aus dem Jahre 1443 ergeben sich die Voraussetzungen,
welche die sich in diesem Gebiet niederlassenden Bürger erfüllen mussten. Das
Ortsbürgerrecht der Stadt Batres (1500) gibt Auskunft über die
Bevölkerungspolitik in und um die Stadt Segovia, die den Gebietsinteressen der
Grafen von Moya entgegenstand.
Im Beitrag „Der Übergang von der Mündlichkeit zur
Schriftlichkeit in der Rechtspraxis des 13. Jahrhunderts: Sachsen und Kastilien
(zweiter Teil)“[3] von Faustino
Martínez Martínez stehen im Vordergrund die möglichen Gemeinsamkeiten und
Berührungspunkte zwischen Sachsenspiegel und dem Gesetzeswerk Alfons X. des
Weisen. Alfons X. war ein aus dem Blickwinkel der mittelalterlichen Philosophie
von Offenheit geprägter König, der diese Offenheit auch an seine Untertanen
weitergab sowie in die Rechtsordnung einfließen ließ. Das „gute Recht“ wird vom
König gehütet, hat Anteil an einer Herrschaftstradition und wird als
Spiegelbild gezeigt. Es folgen schließlich noch Überlegungen zu Licht und
Schatten des Alfonsinischen Werkes vor 1348.
„Ius Commune und Common Law“ heißt die Miszelle von Miguel
Ángel Jusdado Ruiz-Capillas. Von Bologna ausgehend bis Paris und Salamanca
begann das Studium eines Ius Commune mit universeller Berufung, dessen
zwei Gesichter das römische wie das kanonische Recht verkörperten. Seit dem 11.
Jahrhundert wurde in ganz Europa das römische Recht rezipiert. England machte
dieses indes nicht zu einem Teil seiner gewohnheitsrechtlich geprägten Ordnung.
Ebenso wenig tat es dies mit dem kanonischen Recht aus Angst, die englische
Monarchie könnte -im Hinblick auf das Recht der Kirche- die Einheit und die
Kontrolle über ihr Recht verlieren. Die Konstitutionen von Clarendon, die
Heinrich II. Becket auferlegte, wurden zum Sinnbild der Ausbremsung des Rechts
der Kirche vor dem Recht der englischen Krone.
Enrique Álvarez Cora konzentriert sich auf die Beschreibung der Ordnung
von Quellen im Königreich Valencia, deren Entwurf sich umsetzt in der
Vorrangstellung der Kompilation. Diese ist eine gänzlich neue Ordnung und eine
äußerst wichtige Quelle sowohl wegen ihrer territorialisierenden Wirkung als
auch wegen ihres hohen Gehaltes an ius proprium, dem Beachtung
(Observanz) geschuldet werden musste.
„Monarchie und Mesta: Der Mythos des Präsidenten
(16.-17. Jahrhundert)“ von Fermin Marín Barriguete widmet sich der
Entwicklung der Pflichten des Präsidenten der Mesta, d. h. der kastilischen
Viehzüchtervereinigung, seit ihrer Gründung im Jahre 1500 bis ins Jahr 1713.
Ihre Rechtsprechung wird sowohl im Rahmen der Institution als solcher als auch
im ländlichen Bereich beleuchtet. Seit der ersten Stunde war das Offizium ein
Instrument der Krone, um in entschiedener Weise in der Viehwirtschaft
Kastiliens Einfluss zu nehmen, weil stets der amtsälteste Rat des Consejo Real
amtierte.
„D. António Pinheiro: ein juristisch-politisches Zeugnis am
portugiesischen Hof der Quinientos“ heißt die Studie von Isabel Graes:
Der portugiesische Politiker António Pinheiro verkörpert den portugiesischen
Humanismus des 16. Jahrhunderts. Ausgebildet in Paris kehrt er 1540 an den
portugiesischen Hof zurück und übernimmt für den König einige Aufgaben, die
alle mit dem Kultus zusammenhängen: im königlichen Archiv, Gesandter,
Reformierer der Universität Coimbra, Prinzenerzieher oder Übersetzer
klassischer Texter. Pinheiros Werk kann in drei Gruppen unterteilt werden:
politische Texte, klassische Texte sowie Varia. Durch all diese Schriften
schimmern die juristisch-politischen Theorien des 16. Jahrhunderts.
„Die ersten Schritte Philipps V. in Spanien: Wünsche, Heimlichkeiten und
erste Spannungen“ zeichnet Luis María García-Badell Arias nach. Die
Ankunft Philipps V. war von großen Reformerwartungen geprägt; gleichwohl
herrschte in den ersten beiden Jahren Kontinuität, die lediglich durch die
Personalwechsel in der Kanzlei gestört wurde und zu einem kleinen Kabinettsrat
führte, einer Schlüsselinstitution seiner Regierung bis zum Ende des
Erbfolgekriegs. Die aufkommende wohlwollende Beachtung der Gepflogenheiten der
Vergangenheit verhinderte indes nicht, dass zeitnah spanische Verschleierungen
vor der französischen Einmischung auftraten; dies zeigte sich an der
Gleichbehandlung der französischen Granden, Herzöge und Herren am spanischen
Hof.
Erwähnenswert ist außerdem noch der Beitrag von Jesús Astigarraga
und Javier Usoz „Vom napolitanischen A. Genovesi von Carlo di Borbone
zum spanischen A. Genovesi von Karl III.: die spanische Übersetzung der
,Lezioni di commercio’ von V. de Villava“: Untersucht werden die „Lezioni di
commercio“, eine Abhandlung über die Wirtschaft, die eine weite internationale
Verbreitung im 18. Jahrhundert hatte und die Ausbildung der spanischen Ökonomen
zur Zeit der Herrschaft Karls III. beeinflusste. Der Schriftvergleich zwischen
dem Originalwerk und der Übersetzung, die Villava 1960 fertigte, enthüllt die
Probleme der Handhabung der Terminologie der Wirtschaftsfachsprache und der
einstigen ideologischen Ordnung.
Gewiss können die Beiträge des Jahrbuches an dieser
Stelle lediglich resümiert werden; für den an der Rechtsgeschichte des
spanischsprachigen Raumes Interessierten ist auch dieser Band erneut eine
lohnenswerte Lektüre.
Saarbrücken Thomas
Gergen
[1] Vgl. Thomas Gergen, ZRG Germ. Abt. 126 (2009), S. 341-342; 125 (2008), S. 535-536, 124 (2007), S. 397-400, 123 (2006), S. 415-418, 122 (2005), S. 396-401, 121 (2004), S. 552-555 sowie 120 (2003), S. 433-436.
[2] Die Überschriften der Beiträge wurden der einfacheren Lesbarkeit halber unmittelbar ins Deutsche übersetzt.
[3] Der erste Teil ist abgedruckt in Cuadernos de Historia del Derecho Band 13 (2006), S. 155-220.