Bjarne Larsson, Gabriela, Laga Fång för medeltidens kvinnor
och män. Skriftbruk, jordmarknader och monetarisering i Finnveden och Jächtland
1300-1500 (= Rättshistoriskt Bibliotek 66). Rönnells Antikvariat AB, Stockholm
2010. 307 S. Besprochen von Dieter Strauch.
Der Titel des
Buches lautet übersetzt: „Der
rechtmäßige Erwerb mittelalterlicher Frauen und Männer. Schriftgebrauch,
Grundstücksmarkt und Monetarisierung in Finnveden und Jämtland 1300–1500“. Die
Verfasserin widmet sich einem Thema, das seit den 1970er Jahren die Geschichts-
und Wirtschaftsgeschichtsforscher Europas bewegt hat: In welcher Weise konnte
man Grundstücke rechtswirksam erwerben? Gab es einen Markt und zwischen welchen
Parteien entwickelte er sich? Konnten Frauen Grundstücke kaufen und verkaufen?
Wie wurde der Wert des Grundstücks bestimmt? Was war das Entgelt? Wurden die
Verträge mündlich oder schriftlich geschlossen? Diesen Fragen geht die
Verfasserin für zwei weit auseinanderliegende Landschaften nach, nämlich für
das im schwedischen Småland gelegene Finnveden, wo vornehmlich Adelige
Grundstücksgeschäfte tätigten, und für Jämtland, eine Landschaft, wo damals
politisch der norwegische Unionskönig herrschte, die jedoch kirchlich zum
Erzbistum Uppsala gehörte und in der die Landwirtschaft hauptsächlich von
Bauern betrieben wurde. Erst im Brömsebrofrieden von 1645 kam Jämtland zu
Schweden[1].
Die reiche Urkundenüberlieferung dieser Landschaft berichtet vor allem über
Grundstücksgeschäfte von Zinsbauern (skattebonder).
Frau Bjarne
Larsson gliedert ihr Buch in sieben Teile: Im ersten Teil berichtet sie über die europäischen Forschungen zum
Grundstücksmarkt, nennt als Autoren Michael M. Postan, Aleksandr M. Chaynov,
Ronald Hyam, Laurent Feller, Chris Wickham und andere. Leider verschweigt sie
teils ihre Vornamen, teils fehlen die Titel ihrer Werke im
Literaturverzeichnis. Für die Definition des Grundstücksmarktes schließt sie
sich den Forschern an, die einen Markt nur annehmen, wenn die Vertragspartner
frei einander gegenübertraten, als Gegenleistung für die Grundstücke Geld
gezahlt und ihr Wert von dritter Seite bestimmt wurde.
Der zweite Teil befasst sich mit der
Schriftlichkeit der Grundstücksgeschäfte in den beiden Landschaften. Sie löste
mündliche Verträge unter Zeugen ab und nahm im Laufe der Zeit erheblich zu. Die
Verfasser der Verträge waren nicht die Parteien, sondern Schriftkundige, auch
Amtspersonen, die teils die Volkssprache teils das Lateinische benutzten, auf
Formulare zurückgriffen und ihre Urkunden teilweise auch siegelten. Diese
archivarischen Untersuchungen belegt sie durch quantitative Erfassung der
Urkunden und durch Diagramme, welche ihre Häufigkeit und die Zahl der
verschiedenen Geschäfte (Kauf, Gabe, Verpfändung, Tausch, Erbe, Streit, Beweisurkunde
und Schutzbrief) in beiden Landschaften veranschaulichen.
Der dritte Teil behandelt die Gaben. Sie
kamen nicht nur als Morgengabe an die junge Ehefrau vor, sondern auch von Todes
wegen (beschränkt durch das Beispruchsrecht der Erben), als Altenteil, um
Versorgung im Alter zu erlangen und als Seelgabe – in Finnveden namentlich an
das Kloster Nydala am Rusken (im heutigen Jönköpings län), das auf diese Weise
erheblichen Grundbesitz gewann. Frau Bjarne Larsson grenzt Seelgaben von
Testamenten ab, veranschaulicht ihre Häufigkeit in den beiden Landschaften,
untersucht jedoch die Testamente nur, soweit sie Gaben an kirchliche
Institutionen enthielten. Da die Kirche und der Adel für ihren Grundbesitz
keine Steuern zahlten, erlitt der König einen Einnahmeausfall, wenn Bauern
steuerbares Land einem Kloster oder der Kirche schenkten, denn dadurch wurde es
steuerfrei. Eintretende Steuerfreiheit verkürzte die königlichen Einnahmen
auch, wenn Adelige steuerpflichtiges Land von Bauern kauften. Das traf den um
Geld stets verlegenen König Magnus Eriksson (1319-1364) besonders hart, doch
hat erst Königin Margareta (1389-1412) am Ende ihrer Regierung dafür gesorgt,
dass die Krone durch solche Geschäfte keinen Schaden erlitt. Landgaben des
Königs an seine Untertanen wurden zwar nach Magnus Lagaböters Landslag[2]
gewöhnlich zu Odal, doch waren sie in Jämtland verbunden mit der Pflicht,
Steuern in Form von Fellen zu zahlen.
Da die
mittelalterliche Gabe (Ausnahme: die Morgengabe) stets eine Gegengabe
erforderte, tauschte man bei Seelgaben Land gegen Dienste, indem eine bestimmte
Zahl von Seelenmessen oder eine Grablege in der Kirche vereinbart wurde.
Testamente waren dagegen einseitige Zuwendungen, die keine Gegengabe
erforderten. Dass auch der Ablassbrief eine Gabe sei, die durch Gebete und
Kerzen gelohnt werde, scheint mir den Begriff der Gabe, der recht eigentlich im
Wirtschaftsleben zu Hause ist und nur Materielles betrifft, zu überdehnen,
zumal vom Kauf eines solchen Briefes in den untersuchten Quellen nicht die Rede
ist.
Die Morgengabe (morghongava) verlangte keine Gegengabe,
doch hatte jede junge Ehefrau nach Magnus Erikssons Landslag[3]
Anspruch auf eine solche in gesetzlich bestimmter Höhe, gestaffelt nach der
sozialen Stellung des Ehemannes und bewertet durch zwölf Festiger. Einen
Anspruch auf Mitgift (hemfölghþ)[4]
hatte die Tochter nicht, wurde sie ihr jedoch gewährt, galten beide als
Vorschusserbe. In Norwegen (Jämtland) vereinbarten dagegen nach Magnus
Lagaböters Landrecht[5]
der Verlober und der Bräutigam die Höhe der Morgengabe (tilgiof, eigentlich: Zugabe) und der Mitgift (heimanfylgja). Auch hier galten beide als Vorschusserbe, das im
Erbfall angerechnet wurde. Im Übrigen fertigten die Adeligen in Finnveden
erheblich mehr Gabebriefe aus als die Bauern in Jämtland.
Der vierte Teil erörtert den Landtausch. Er kam gewöhnlich innerhalb der
Familien vor, und es sollte möglichst gleich gegen gleich getauscht werden. Gab
es einen Wertunterschied, konnte er in Geld oder Waren ausgeglichen werden.
Überstieg jedoch der Ausgleichsbetrag den Wert des gegebenen Grundstücks, lag
kein Tausch, sondern Kauf vor, bei dem die Erben ihr Beispruchsrecht geltend
machen konnten[6]. Auch
hier waren die Tauschfälle mit Ausgleichspflicht in Finnveden bedeutend häufiger
als in Jämtland.
Der fünfte Teil behandelt die Verkäufe
von Sippenland. Sie geschahen zumeist nur aus drückender Not, und das
Beispruchsrecht der Erben, die oft als Käufer auftraten, spielte eine große
Rolle. Auch der Kaufpreis scheint bei Käufen unter Verwandten ermäßigt worden
zu sein. Dabei fällt auf, dass der niedere Adel und die Frauen fast nur als
Verkäufer, selten als Käufer auftraten. Käufer waren in Finnveden in erster
Linie das Kloster Nydala, Großbauern und der hohe Adel. Dass zur Beurkundung
eines Landkaufs in Finnveden 12 Festiger nötig waren, ist eine schwedische
Besonderheit[7]. In
Jämtland kamen die Festiger eigentümlicherweise nur dann vor, wenn man dort
schwedisches Recht anwandte, doch benutzte man dann die Regel in Hälsingelagens
Grundstücksabschnitt, Kapitel 4, die nur acht Festiger verlangte[8].
Unverheiratete Frauen hatten nach norwegischem Landrecht ein Verfügungsrecht,
wenn sie 20 Jahre alt waren[9],
Ehefrauen wurden dabei jedoch durch ihren Mann vertreten. War er verhindert,
konnten sie nur einstweilen selbständig handeln. Ihr Veräußerungsrecht war sehr
beschränkt und richtete sich nach dem Stand ihres Mannes[10],
doch entsprach dies nicht der Rechtswirklichkeit, die verwickelter war. Während
Frauen in Jämtland ihr ererbtes Land gewöhnlich in der Familie (an Brüder)
verkauften, kamen Frauen als Landkäufer kaum in Betracht: In den wenigen
belegten Fällen ist wahrscheinlich, dass es sich dabei nur um adelige Frauen
handelte. Die Verhältnisse in Finnveden waren ganz ähnlich: Nur der Landkauf
einer hochadeligen Witwe ist hier belegt.
Der sechste Teil stellt die Verpfändung
von Land dar. Sie ist in beiden Ländern recht kompliziert geregelt; zudem
entsprach die Rechtswirklichkeit nicht dem Wortlaut der Landrechte, die sich
dem Zinsverbot der katholischen Kirche (in X. 5. 19[11])
gebeugt hatten. In den nordischen Ländern fanden sich im 14. und 15.
Jahrhundert vornehmlich zwei Verpfändungsformen von Land: das Verfallspfand und
das Nutzungspfand. Die Hypothek trat in größerem Maße erst im 16. Jahrhundert
auf. Beim Verfallspfand wendet sich Frau Bjarne Larsson gegen Göran Inger, der
in seinem Grundriss der schwedischen Rechtsgeschichte sagt[12],
beim Verfallspfand gehe das Grundstück sofort in den Besitz des Pfandgebers
über, der die Früchte des Grundstückes ziehen dürfe. Dies ist tatsächlich in
Upplandslagen (1296), Jordabalk c. 9, § 3 so angeordnet[13],
obwohl es dem kanonischen Zinsverbot widersprach. Sollte der Verpfänder die
Nutzungen ziehen, musste das ausdrücklich angeordnet werden[14].
Frau Bjarne Larsson sagt richtig, dass die Telge-Verordnung von 1344 das
Zinsverbot erneuerte, dass es aber nicht in Magnus Erikssons Landslag einging.
Damit unterlagen Verstöße zwar nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit, sie waren
aber gleichwohl strafbar, da die Bischöfe darüber nach kanonischem Recht zu
urteilen hatten, denn bereits Upplandslagen hatte sie dafür zuständig gemacht[15].
Für Norwegen hatte Erzbischof Pál ein ähnliches Zinsverbot erlassen[16].
Das Nutzungspfand
entsprach nur dann diesem Verbot, wenn die vom Pfandnehmer gezogenen Nutzungen
auf die Tilgung der Schuld angerechnet wurden, doch wurde nach 1350 zunehmend
vereinbart, dass sie (als Zinsen) dem Pfandnehmer zufallen sollten, ohne als
Tilgung zu gelten. In dem von Frau Bjarne Larsson als nicht entscheidbar genannten
Fall (S. 228) in DS Nr. 4708[17]
war die Kirche in Mårdaklef Pfandinhaberin. Sie durfte die Einkünfte des
Pfandes (landgæld) von 12 Öre
jährlich behalten, bis die dem
Pfandrecht zugrundeliegende Schuld getilgt war. Dies ist tatsächlich
zweideutig, weil nicht gesagt wird, ob eine Anrechnung der Einkünfte auf die
Schuld vereinbart war. Gleichwohl darf man dies annehmen, da die Kirche – ihrem
eigenen Zinsverbot im Liber Extra zuwider – in öffentlicher Urkunde kaum einen
nicht anrechenbaren Zins verlangt haben dürfte. Frau Bjarne Larsson zitiert
leider nicht den originalen lateinischen Urkundentext, sondern eine
altschwedische Übersetzung vom Ende des 14. Jahrhunderts, die der Urkunde
beigeheftet ist, ohne auf deren Fehler hinzuweisen. Während der Herrschaft der
Mecklenburgischen Könige (1364–1389) war das Nutzungspfand mit Zins für den
Gläubiger ohne Anrechnung auf die Schuld die gängige Verpfändungsform. Sie trat
nach Inkrafttreten von Kristoffers Landslag (1442) für einige Jahrzehnte zurück[18],
wurde aber in den 1470er Jahren abermals üblich und blieb dauernd in
Gebrauch bis zur Kodifikation von 1734. Teil sieben bietet eine Zusammenfassung der Ergebnisse, gefolgt von
einem ausführlichen englischen Summary.
Den
Sprachgebrauch der Quellen hat Frau Bjarne Larsson nur sehr selten
wiedergegeben: Es mangelt ihrer Darstellung an wörtlichen Zitaten aus den
Quellen. Deshalb erfahren wir ihren Inhalt nur aus der Vogelschau der
Verfasserin. Das ist um so bedauerlicher, als die jämtländischen Urkunden –
anders als die im Diplomatarium Svecanum und Svenskt Diplomatarium gesammelten
Finnvedischen – noch nicht im Internet verfügbar sind. Das norwegische
Landrecht ist zwar benutzt, aber ausweislich des Literaturverzeichnisses nur in
der neunorwegischen Übersetzung Absalon Tarangers. Die altnorwegische Ausgabe
in Norges Gamle Love wird nicht zitiert, genauso wenig wie Carl Johan Schlyters
noch immer maßgebliche Ausgaben von Magnus Erikssons und Kristoffers landslag:
Hier begnügt die Verfasserin sich mit der neuschwedischen Übersetzung des
Landrechts von Holmbäck/Wessén. Der rechtsgeschichtliche Erkenntnisgewinn folgt
deshalb allein aus der Behandlung der Urkunden. Die Verweisungen innerhalb des
Bandes geben keine Seitenzahlen, so dass der Leser die bezogenen Stellen selbst
herausfinden muss. Die Olinsche Stiftung hat den Band in bewährter Form mit
säurefreiem Papier, Fadenheftung und Leineneinband bestens ausgestattet. Für
zukünftige Veröffentlichungen wäre aber die Beigabe von Registern zu wünschen:
Dadurch würde die Nutzbarkeit der Bände merklich erhöht.
Frau Bjarne
Larsson hat die benutzten Quellen gründlich ausgewertet. Sie legt das
Schwergewicht auf wirtschaftshistorische sowie rechtssoziologische
Gesichtspunkte, die sie durch eine Vielzahl von Tabellen und Graphiken veranschaulicht,
und gelangt so zu neuen Ergebnissen, welche die wirtschaftlichen und sozialen
Verhältnisse in den behandelten Landschaften erhellen und deutlicher als bisher
hervortreten lassen. Rechtshistorisch wird eigentlich nur der Gegensatz
deutlich, der fast immer zwischen geschriebener Norm und dem tatsächlich in den
Landschaften gelebten Recht bestand.
Köln
am Rhein Dieter
Strauch
[1] Jämtland gehörte bis 1536 zu Norwegen; von 1537 bis 1645
zusammen mit Norwegen zu Dänemark, wechselte aber nach 1563 häufig die
Herrschaft. Das heutige Wappentier ist ein Elch.
[2] MLL, Buch VI, c. 2: 2 (Norges Gamle Love, Bd. II
(1848), S. 93).
[3] MELL, Gifto balker, c. 10 (Sveriges Gamlar lagar [SGL]
Bd. X (1862), S. 61f).
[4] MELL, Gifto balker,
c. 12, 13 (SGL, Bd. X, S. 63f).
[5] MLL, Buch V
(Arvebolk), c. 1 (Norges Gamle Love, Bd. II (1848), S. 74).
[6] MELL, Eghno balker, c. 23 (SGL, Bd. X, S. 111).
[7] Geregelt in MELL, Eghno balker, c. 12 (SGL, Bd. X, S. 102f).
[8] HL, Jb, c. 13 (SGL,
Bd. VI, S.
65), eine Angabe, welche die Verfasserin S. 167 leider verschweigt.
[9] MLL, Buch V Arvebolk), c. 2: 4 (NGL, Bd. II, S. 75).
[10] MLL,
Buch VIII (Kjöbebolk), c. 21: 2 (NGL, Bd. II, S. 162).
[11] Kanonisches
Zinsverbot im Liber Extra, X. 5. 19 (Friedberg,
Bd. II, Sp. 811 ff).
[12] Göran Inger, Svensk Rättshistoria, 4.
upplaga [Neudruck], Stockholm 1997, S. 38, jedoch ohne Nachweis.
[13] UL,
Jorþæ balkær, c. 9: 3 (SGL, Bd. III, S. 189), von Inger nicht zitiert.
[14] So
z. B. in DS I, Nr. 665 Hölö, d. 22. März 1279, [S. 542; SDHK-Nr. 1083]; da es sich
um eine Verpfändung an Bischof Anund von
Strängnäs handelt, hat man hier das kanonische Zinsverbot beachtet. Dass
die Nutzungen zwar dem Pfandinhaber zufallen, aber die Schuldsumme mindern
sollten, so dass das kanonische Zinsverbot gewahrt blieb, findet sich in
späteren Urkunden, z. B. in DS Nr. 1223 (1298); Nr. 2813 (1330) und öfter.
[15] UL,
Kirkiu balkær c. 15, § 6 (SGL, Bd. III, S. 66f).
[16] Erzbischof
Páls 3. Statut zwischen 1336 und 1346, in: NGL, Bd. III, S. 284 – 294 (285).
[17] Diplomatarium
Svecanum [DS] Nr. 4708 v. 14. April 1351 [S. 293f; SDHK-Nr. 6156]. Dort heißt
es auf S. 294: „vt ecclesia de bonis
memoratis XII oras denariorum pro pensione dicta landgiald sublevat anuuatim,
donec sibi satisfactum fuerit in debito supradicto“.
[18] Das
beruhte auf KrLL, Jordha balker c. 7 (SGL, Bd. XII, S. 104f), das die
Anrechnung der Erträge auf die Schuld vorschrieb: „oc slae aff howdgeldeno swa mykit han aff the iordh wpburit hauer“.