Wissen, Gewissen und Wissenschaft im Widerstandsrecht (16.-18. Jh.). Sapere, coscienza e scienza nel diritto di resistenza (XVI-XVIII sec.), hg. v. De Benedictis, Angela/Lingens, Karl Heinz (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 165). Klostermann, Frankfurt am Main. 2003. VIII, 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als Angela de Benedictis den Direktoren des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Forschungen zur Geschichte des Widerstandsrechts vorschlug, griffen diese unter der Vorstellung, dass die Quellen besser sind als die Forschung, gern zu. Bei einem von Dieter Simon angeregten vorbereitenden Treffen im November 1998 bestand Einigkeit darüber, dass in der aktuellen Diskussion um die Souveränitäts- und Legitimationskrise des Staates ein rechtsgeschichtlicher Beitrag willkommen sei, der die historisch durch den erstarkenden Staat mit seiner monopolistischen Gesetzgebung und seinem Anspruch auf entsprechenden Gesetzesgehorsam verschütteten Kategorien des Widerstandsrechts wieder sichtbar mache. Neue, bisher noch nicht hinreichend ausgeschöpfte Materialien sollten ausgewertet werden und die notwendige Eingrenzung sollte durch eine zeitliche Beschränkung auf die frühe Neuzeit erreicht werden.

 

Auf dieser Grundlage fand in der Sala del Priore der Università degli Studi di Bologna am 23. und 24. Februar 2001 eine Tagung statt, deren Beiträge im vorliegenden Band mit den durch Ausfall und Hinzutritt notwendig gewordenen Veränderungen veröffentlicht wurden. Hierfür wurde auch in Karl J. L. Welker vor vielen Jahren bereits ein Rezensent gewonnen. Da er bislang allerdings seine Zusage nicht einhalten konnte, muss der Herausgeber den Band wenigstens in wenigen Worten anzeigen.

 

Eröffnet wird er mit einem kurzen einführenden Vorwort der Herausgeber. Dem schließen sich insgesamt zehn Beiträge an. Am Ende des leider eines Registers entbehrenden Werkes formuliert Diego Quaglione überzeugend zusammenfassende conclusioni.

 

Am Beginn stehen die die umfassenden Überlegungen der federführenden Herausgeberin zum Veranstaltungsthema. Danach befasst sich Magnus Ryan mit dem Verhältnis zwischen Widerstandsrecht und Lehnswesen. Valeria Marchetti greift die Frage des rechtlosen Widerstandes an Hand des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes auf.

 

Mathias Schmoeckel behandelt Gewissensfreiheit und Widerstandsrecht bei Charron und Montaigne. Christoph Strohm bezieht calvinistische Abhandlungen ein. Merio Scattola greift auf Überlegungen der Auseinadersetzung zwischen Johannes Althusius und Henning Arnisaeus aus, Luisa Simonutti auf Pierre Bayle, Robert von Friedeburg auf die Auseinandersetzungen zwischen niederhessischen Ständen und den Landgrafen, Jürgen Stock auf juristische Dissertationen des 17. Jahrhunderts und Italo Birocchi auf Giambattista de Luca.

 

Insgesamt werden auf diese Weise ganz unterschiedliche Facetten eines allgemeinen Themas von großer Tragweite sichtbar. So sehr der Widerstand im Einzelfall fragwürdig ist, so berechtigt ist aber auch der Grundsatz des rechten Widerstands gegen unrechte Gewalt. Diese grundlegende Spannung an wichtigen Einzelbeispielen einmal mehr deutlich sichtbar gemacht zu haben, ist ein beachtliches Verdienst des gelungenen Sammelwerks.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler