Weißhuhn, Christian, Alfred Hueck 1889-1975 - Sein Leben, sein Wirken, seine Zeit (= Rechtshistorische Reihe 383). Lang, München 2009. XVI, 252 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die im Herbst 2005 begonnene, von Gerhard Lingelbach angeregte und betreute, von Götz Hueck und auch Wolfgang Zöllner durch ausführliche Beantwortung von Fragen unterstützte, im Sommersemester 2007 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena angenommenen Dissertation des inzwischen als Rechtsanwalt tätigen Verfassers. Sie behandelt unter Einbeziehung umfangreichen und unveröffentlichten Materials aus den Universitätsarchiven in Freiburg im Breisgau, Münster, Jena und München Leben und Wirken eines bedeutenden deutschen Privatrechtslehrers des 20. Jahrhunderts. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Schlussbetrachtung hauptsächlich in sieben chronologisch geordnete Kapitel.

 

Karl Alfred Hueck wurde in dem 1895 etwa 20000 Einwohner zählenden Lüdenscheid in Westfalen am 7. Juli 1889 als Sohn des Fabrikanten Wilhelm Eduard Hueck geboren, dessen Vater Bernhard Eduard das Unternehmen Eduard Hueck in Lüdenscheid gegründet hatte. Die Familie lässt sich bis zu einem 1273 geborenen Gottschalk Hukes in Niedermassen bei Unna zurückführen. In einem liberalen evangelischen vermögenden Elternhaus wuchs Alfred Hueck behütet auf.

 

Allerdings litt er seit seiner frühesten Kindheit an einer konstitutionellen Schwäche und Anfälligkeit des Nervensystems, die weit über den Begriff der typischen Nervosität und Sensibilität hinausging und zu einem teilweise starken Zittern der Hände führte, so dass ein an sich angedachtes Studium der Physik nach dem überwiegend sehr guten Abitur ausschied. Das daraufhin 1908 gewählte Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau, München und Münster schloss Hueck am 29. 5. 1911 in Hamm mit Auszeichnung ab. Am 13. 2. 1914 promovierte er auf Anregung Ernst Riezlers und unter Betreuung durch Ernst Jacobi mit cum laude über unkörperliche Geschäftswerte.

 

Nach der mit gut in Berlin am 30. 11. 1915 bestandenen zweiten juristischen Staatsprüfung trat Hueck in den höheren Justizdienst Preußens ein, veröffentlichte aber neben seinen richterlichen Tätigkeiten wirtschaftsrechtliche Untersuchungen auf Grund seiner beratenden Tätigkeit im väterlichen Unternehmen. Wegen der mehr als 200 Seiten umfassenden Schrift über den Sukzessivlieferungsvertrag wurde ihm von dem Verfasser unbekannt gebliebener Seite eine Habilitation nahe gelegt, woraufhin er mit Gutachten Ernst Jacobis, Ernst Heinrich Rosenfelds und Rudolf His’ am 6. 12. 1918 mit 29 Jahren Privatdozent für bürgerliches Recht, Handelsrecht und Zivilprozessrecht in Münster wurde. Im fünften Kapitel widmet sich der Verfasser den Jahren in der Weimarer Republik, in denen Hueck nach bedeutenden Werken über den Tarifvertrag, das Arbeitsrecht, die Vorzugsaktien und die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften zum 1. 4. 1925 als ordentlicher Professor nach Jena berufen wurde.

 

Für die Zeit des Nationalsozialismus bildet der Verfasser überzeugend ein eigenes Kapitel. Am 26. 6. 1935 wird Hueck Mitglied der Akademie für deutsches Recht, nach seinem Wechsel nach München (1936) stellt er einen nicht mehr umgesetzten Antrag auf Aufnahme in die Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei. Auf Grund sorgfältiger Einzelanalyse erklärt der Verfasser zwar eine Orientierung Huecks an freiheitlich demokratischer Grundordnung für teilweise gänzlich unerkennbar, hält aber umgekehrt eine geistige Nähe zum nationalsozialistischen System für nicht zu konstruieren, obgleich wichtige Werke wie der Kommentar zum Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit, ein Lehrbuch Deutsches Arbeitsrecht und ein Lehrbuch Recht der Wertpapiere entstehen.

 

Am 20. 10. 1945 wird Hueck durch die Militärregierung in Bayern seines Amtes enthoben, am 3. 7. 1946 aber wieder in sein Amt eingesetzt und am 24. 1. 1949 als entlastet entnazifiziert. Der wissenschaftliche Erfolg setzt sich in einem Kommentar zum Arbeitsrecht, einem Lehrbuch des Arbeitsrechts, einem Grundriss des Arbeitsrechts, Kommentaren und Lehrbüchern zum Gesellschaftsrechts sowie im Recht der Wertpapiere eindrucksvoll fort, bis Hueck in München am 11. 8. 1975 lange nach der Emeritierung mitten im Schaffen stirbt. Rückblickend kann der Hueck als Mann der leisen Töne, dem Witz und der geistreichen Formulierung abhold, verstehen, der seine private Existenz grundsätzlich bedeckt gehalten, der aber einen bedeutsamen Beitrag zum Privatrecht des 20. Jahrhunderts geleistet hat.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler