Verfassungswandel im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Beiträge der ersten Göttinger Gespräche zum deutschen und europäischen Verfassungsrecht vom 15. bis 17. Juni 2006, hg. v. Calliess, Christian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vom 15. bis zum 17. Juni 2006 trafen sich Experten aus Wissenschaft und Praxis im kleinen Kreis mit jungen Wissenschaftlern (Doktoranden, Habilitanden) in den historischen Räumen der Universität Göttingen zum ersten Göttinger Gespräch mit dem Thema Verfassungswandel im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Da die Bundesrepublik Deutschland, von ihrem Grundgesetz als offener Verfassungsstaat verstanden, ihre gesamte Rechtsordnung gegenüber dem vorrangigen Europarecht geöffnet hat, sollte die wechselseitige Verzahnung vom europäischen und nationalen Verfassungsrecht sichtbar gemacht, verfassungsrechtlich aufbereitet und rechtsdogmatisch betrachtet werden. Vor dem Hintergrund der Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und in den Niederlanden ging es darum, darüber nachzudenken, wo die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und ihre Bürger im europäischen Integrationsprozess stehen.
Insgesamt umfasst der fast alle Referate einschließende Band zehn Beiträge und zwei Tagungs- und Diskussionsberichte. Sie betreffen die europäische Union der Zukunft (Antonio Puri Purini), Staat und Verfassung im Kontext der Europäisierung (Christoph Möllers), Europa - Verfassung - Identität (Ulrich Haltern), Theorie und Praxis des europäischen Verfassungsverbunds (Ingolf Pernice), den europäischen Verfassungsverbund (Matthias Jestädt), europäische Verfassungsprinzipien im Verfassungsentwurf (Sven Hölscheidt), die Wirkungsweise des europäischen Rechtsstaatsprinzips in der Verwaltungspraxis (Frank Hoffmeister), die Bedeutung der Rechtsvergleichung für den europäischen Staaten- und Verfassungsverbund (José Martinez), die Bedeutung von Rechts- und Verfassungsvergleichung im europäischen Verfassungsverbund (Franz C. Mayer) und das Denken im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Auf dieser Grundlage bietet der Herausgeber am Ende eine abschließende Reflexion und Konstruktion eines Konzepts.
Am Ende erscheint eine Fortsetzung in jeder Hinsicht wichtig und erfreulich. Die Gespräche haben den Teilnehmern gezeigt, dass intensive Diskussionen in kleiner Runde zu guten Ergebnissen führen können. Möge dieser Zustandsbericht zur jüngsten, im geschichtlichen Wandel befindlichen europäischen Verfassungsgeschichte auch über den Kreis der unmittelbar Beteiligten hinaus Interesse erwecken.
Innsbruck Gerhard Köbler