Universitäten im östlichen Mitteleuropa. Zwischen Kirche, Staat und Nation - Sozialgeschichtliche und politische Entwicklungen, hg. v. Wörster, Peter unter Mitarbeit v. Goeze, Dorothee M. (= Völker, Staaten und Kulturen in Ostmitteleuropa 3). Oldenbourg, München 2008. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Im Jahre 1999 veranstalteten der Johann-Gottfried-Herder-Forschungsrat und das Herder-Institut in Marburg an der Lahn eine von Ferdinand Seibt angeregte gemeinsame Fachtagung zu dem Thema Universitäten zwischen Kirche, Staat und Nation. Sozialgeschichte und politische Entwicklung im ostmitteleuropäischen Raum, die von dem Initiator und dem Herausgeber konzipiert und organisiert wurde. Da die Diskussionen ergaben, dass zur thematischen Abrundung weitere Gesichtspunkte hinzugenommen werden müssen, wurden über die Referenten hinaus vier Forscher aus Estland, Polen und Ungarn um Mitarbeit gebeten. Umgekehrt fielen andere Beiträge für den Sammelband aus unterschiedlichen Gründen aus.

 

Insgesamt umfasst der Sammelband außer einer Einführung des Herausgebers und einer posthum gedruckten Stellungnahme Ferdinand Seibts zum Problem der Universitätsgeschichte in Mitteleuropa 13 Studien. Dabei steht die Universität Dorpat an der Spitze. Klaus Meyer behandelt die Gründungswelle der Universitäten in Russland unter besonderer Berücksichtigung Dorpats, Sirje Tamul die Studienstiftungen an der Universität Dorpat (1802-1918) und Csaba János Kenéz Bildungszentren neuer Staatsvölker nach dem ersten Weltkrieg - das Beispiel Dorpat.

 

Weiter zurück greift Herbert Langer on seinem Beitrag über die pommersche Landesuniversität Greifswald (1630-1720). Iselin Gundermann betrachtet brandenburgisch-preußische Universitätsgründungen. Helmut Neubach schildert die königliche Akademie in Posen (1903-1918), Henryk Gmiterek die Academia Zamojska in Zamość (1594-1784).

 

Mit den spätmittelalterlichen Anfängen der Beziehung zwischen Kirche und Universität befasst sich Franz Machilek am Beispiel Prags und Erfurts. Zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kehrt Helmut Slapnicka für die Rechtsstellung der Universitäten im alten Österreich zurück. Czernowitz als eine vom Bildungsbürgertum errungene Universität im Dienst staatlicher Bildungs- und Wissenschaftsförderung nimmt Emanuel Turczynski in den Blick.

 

Dem Verhältnis zwischen Universität und Juden widmet sich am Beispiel Prags im 19. und 20. Jahrhundert Rudolf M. Wlaschek. Auf die Universitäten in Ungarn in Gründungswellen vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert macht László Szögi aufmerksam, auf die ungarische Perigrination an die Universität Wittenberg während des 16. Jahrhunderts Máté Tamáska. Ein ziemlich ausführliches Personenregister rundet den vielfältigen, neue Einsichten zu seiner Thematik vermittelnden Band vorteilhaft ab.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler