Stüber, Michael, Die Entwicklung des Prinzips der Unmittelbarkeit im deutschen Strafverfahren (= Schriften zum Strafrecht und Strafprozessrecht 83). Lang, Frankfurt am Main 2005, 327 S., 5 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Manfred Maiwald betreute, im Sommersemester 2004 von der juristischen Fakultät der Universität Göttingen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie hat eine wichtige Frage zum teils historischen, überwiegend aber dogmatischen Gegenstand. Sie gliedert sich in insgesamt sechs Teile.

 

Im ersten Teil ordnet der Verfasser den Grundsatz der Unmittelbarkeit in den historischen Hintergrund ein, weil eine Erörterung aktueller Problematiken nicht ohne Einordnung in den historischen Gesamtzusammenhang erfolgen könne. Er beginnt bei Ausgangspunkten des Altertums und stellt dazu den alten deutschen Strafprozess dem römischen Strafprozess gegenüber. Danach geht er auf den kanonisch-italienischen Strafprozess, das deutsche Verfahren im Mittelalter, die Rezeption, den gemeinen Strafprozess sowie den Zeitraum der Aufklärung und die folgende deutsche Gesetzgebung auf insgesamt etwa 20 Seiten ein.

 

Im zweiten Teil sucht er die dogmatische Basis des Unmittelbarkeitsgrundsatzes und definiert daszu die Unmittelbarkeit mit formellen Inhalten und materiellen Inhalten. Auf dieser Grundlage erörtert er recht ausführlich im dritten Teil die Entwicklungen auf der Seite des formellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes und im vierten Teil die Entwicklungen auf der Seite des materiellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Im fünften Teil fasst er seine Erkenntnisse zusammen.

 

Im Ergebnis ermittelt er deutliche Verschiebungen innerhalb des bisherigen Anwendungsbereichs des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Teilweise schränken sie nach seiner Ansicht die Unmittelbarkeit zu Unrecht zu sehr ein. Eine wirkliche Aushöhlung des Grundsatzes vermag er jedoch noch nicht festzustellen.

 

An diese überzeugende Ansicht schließt er noch einen sechsten Teil über Entwicklungstendenzen und Entwicklungsmodelle für die Zukunft in der aktuellen Diskussion an. Er hält die Diskussionsvorschläge, welche die Unmittelbarkeit gefährden, für noch nicht ausgereift. Seine Arbeit ist demgemäß ein eigener, interessanter Beitrag zu dieser modernen Diskussion.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler