Strauch, Dieter, Der Große Schied von 1258. Erzbischof und Bürger im Kampf um die Kölner Stadtverfassung (= Rechtsgeschichtliche Schriften 25). Böhlau, Köln 2008. XVII, 303 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.

 

Der „Große Schied“ aus dem Jahre 1258 – eine Vergleichsurkunde zwischen dem Erzbischof und der bereits verfassten Bürgerschaft – ist eines der zentralen Verfassungsdokumente der mittelalterlichen Stadt Köln. Dieter Strauch hat (nach Klinkenberg 1950, Wendehorst 1953 und Stehkämper 1995) diese Urkunde aus Anlass der 750jährigen Wiederkehr der Vereinbarung des Großen Schieds untersucht und stellt die Ergebnisse dieser Untersuchung nebst einer neuerlichen Edition des Schiedes (im Anhang) nun anders als die zum „Kleinen Schied“ (2003 in der Festschrift für Wolfgang Rüfner) monographisch vor. Strauch zeigt die Vorgeschichte und die Entstehung des Schiedes, stellt die handelnden Personen (insbesondere Erzbischof Konrad v. Hochstaden und Albertus Magnus) und die Institutionen, für die sie sich engagierten, vor, analysiert das Dokument und schildert den Nachklang.

 

An einem vergleichsweise harmlosem Anlass entzündete sich der seit längerem schwelende Kompetenzkonflikt zwischen Stadtherr und Stadtgemeinde im Jahre 1257 und führte zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Im März 1258 einigten sich die Kontrahenten (aus freien Stücken, vorbehaltlos und ohne Rangrücksichten) auf die Einsetzung eines Schiedsgerichts, dem die Petitionen der Parteien zur Entscheidung vorgelegt wurden. Der Spruch dieses Schiedsgerichts justierte die bürgerschaftliche Autonomie und die landesherrliche Gewalt des Erzbischofs neu und blieb für die folgenden Auseinandersetzungen immer wieder vorbildhaft.

 

Strauch behandelt eingehend die Rechtsquellen und Rechtsvorstellungen, die zum Schiedsverfahren führten, nimmt Stellung zum angewendeten Recht und schildert, indem er dem Aufbau der Urkunde folgt, das Vorbringen der Parteien (die erzbischöflichen und die städtischen Klagen), die Rechtsansichten der Parteien zu den einzelnen strittigen Fragen und referiert und bewertet die jeweilige Entscheidung der Schiedsrichter. Detailliert wird die erzbischöfliche Gerichtsbarkeit (ihre Institutionen und Gegenstände) und die Gerichtsbarkeit der Stadt Köln (Zunft-, Markt- und Stadtgerichtsbarkeit) aus der Sicht des Erzbischofs auseinander gelegt. Dabei wird auch besonders auf den streitauslösenden Repressalienarrest eingegangen und ausführlich die erzbischöfliche Sicht von der Rechtsstellung der Stadt Köln behandelt – ebenso wie die Probleme, welche die Stadt (und ihre führenden Patriziergeschlechter, die meliores) mit der Ausübung der erzbischöflichen Gerichtsbarkeit und einzelner erzbischöflicher Kompetenzen hatte.

 

So wächst aus einem Dokument unter den kundigen Händen des Autors ein Kaleidoskop des mittelalterlichen Stadtrechts heraus, das viele für die mittelalterliche Stadt kompetenzrechtlich vorstellbare Fragen (natürlich auch die kölnische Spezialfrage nach der Rolle der „Richerzeche“ – insbesondere in ihrer Opposition zu den „Bruderschaften“, die ihre Belange auch durch behendes Wechseln der Fronten zu wahren suchten) behandelt, den aktuellen Forschungsstand referiert und – hinsichtlich der Lösungen – wohltuend eng an der gegenständlichen Quelle bleibt und gegen Ende zeigt, dass das im Schied verwendete rechtliche Instrumentarium auch später ganz verschiedenen politischen Zwecksetzungen und Kräfteverhältnissen angepasst werden konnte. Strauch zeigt nicht weniger als die einer Vielzahl von regelungsbedürftigen Konfliktlagen folgende Flexibilität des mittelalterlichen Stadtverfassungsrechts.

 

Leipzig                                                Adrian Schmidt-Recla