Professoren erinnern sich, hg. v. Wünsch, Horst (= Geschichte der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, Teil 5 = Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz 9, 5). Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2008. VI, 398 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahr 2000 wies Alois Kernbauer Berthold Sutter in einem Gespräche auf die spezifische Situation der Grazer rechtswissenschaftlichen Fakultät mit ihrer vergleichsweise großen Zahl von emeritierten Professoren hin und im Frühsommer 2002 regte Alois Kernbauer in einem abendlichen Gespräch gegenüber seinem Freund Berthold Sutter an, die Rückblicke auf den wissenschaftlichen Werdegang der in Ruhestand befindlichen Professoren der ehedem rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität anzuregen, zu sammeln und gemeinsam zu edieren. Am Ende der für die Verwirklichung gesetzten Frist vom 15. Juni 2003 lagen für diesen Sammelband zwei Beiträge vor. Nach dem Tode Berthold Sutters erschien Horst Wünsch bei Kernbauer und sagte, Sutter habe ihn um die Fortführung des Projekts gebeten, schien jedoch nicht darüber informiert zu sein, was zwischen Sutter und Kernbauer abgesprochen war, verzichtete darauf, den gesamten Personenkreis der damals in Ruhestand befindlichen ordentlichen und außerordentlichen Professoren einzuladen und legte nach Kernbauers Worten zur Genesis des Bandes mehrfach sonderbare Verhaltensmuster an den Tag, die trotz aller vielfachen Erfahrungen ungewohnt, unerwartet und neu waren und vielleicht aus einer beneidenswerten Unerfahrenheit in der Herstellung wissenschaftlicher Bücher zu Beginn des 21. Jahrhunderts erklärbar sind.
Den gleichwohl entstandenen Band leiten Alois Kernbauers Aspekte des Selbstverständnisses und Beispiele der Öffentlichkeitwirksamkeit der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät seit 1945 ein, in denen darauf hingewiesen wird, dass 1938 vier der sechs Ordinarien, einer der sieben Extraordinarien und zwei der sechs Dozenten entlassen wurden und 1945 von 13 Professoren zwei (Rauch, ´Sachers) nicht belastet, einer (Rogge) formell nicht belastet und 10 belastet waren (Pöschl, Rintelen Max, Steinwenter, Schröder Paul F., Wollenweber, Wilburg, Schröder Horst, Spanner, Kohler, Seelig) und zur Hälfte ihres Amtes enthoben wurden (Pöschl, Schröder, Rogge, Wollenweber, Schröder, Seelig). Es folgen 15, fast durchweg mit einem Bildnis im Anhang versehene Erinnerungen. Sie stammen in alphabetischer Reihenfolge von Ludwig Adamovich, Franz Bydlinski, Hans Gangl, Karl Korinek, Herbert Kraus, Theo Mayer-Maly, Reinhard Moos, Peter Schachner-Blazizek, Bernd Schilcher, Berthold Sutter (Abschiedsvorlesung vom 18. Juni 1993), Gunther Tichy, Robert Walter, Ota Weinberger, Gunter Wesener und Horst Wünsch, während anderen leider der Tod die Feder aus der Hand nahm.
Sie beginnen mit einem Dank an Graz. Sie enden als erfüllte Jahre. Dazwischen liegt eine bunte Vielzahl der verschiedensten Ereignisse, die sich zwar darin gleichen, dass am Anfang vieles ganz einfach, bescheiden und fast zufällig war, dass aber doch vielem bleibendem Glück auch ein Fremdensyndrom oder der baldige Abschied gegenüberstehen konnte.
In jedem Fall eröffnet die Lektüre Einsichten, die dem Außenstehenden andernfalls stets verborgen bleiben müssten. Dafür ist der Leser den zwischen Neigung und Pflicht pendelnden, die eigene Bedeutung erkennenden Autoren samt den zugefügten Veröffentlichungslisten zu großem Dank verpflichtet. Wenn sich ein Mensch, der ein neues Leben zu beginnen hätte, nur wünschen würde, in Graz Professor der Rechte zu sein, hat er mit der Berufung ein Lebensziel erreicht, dem er sich selbstlos im Dienste der Sache voll und ganz zum Wohl der Studierenden und der Allgemeinheit mit großem Erfolg hingeben kann.
Innsbruck Gerhard Köbler