Müller, Anett, Modernisierung in der Stadtverwaltung.
Das Beispiel Leipzig im späten 19. Jahrhundert (= Geschichte und Politik in
Sachsen 24). Böhlau, Köln 2006. 486 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hartmut Zwahr betreute, von der Fakultät für
Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften der Universität Leipzig im
Wintersemester 2004/2005 angenommene Dissertation der als Bestandsreferentin im
Stadtarchiv Leipzig tätigen Verfasserin. Quellenrecherche, Auswertung und
Fertigstellung erfolgten neben der beruflichen Tätigkeit. Diese zusätzliche
Schwierigkeit wurde durch großzügige Regelungen zur Akteneinsicht wohl auch
wieder etwas ausgeglichen.
In der Einleitung weist die Verfasserin auf die besonderen Eigenschaften
ihres Untersuchungsgegenstandes und die Quellenlage ausführlich hin. Danach
beschreibt sie als Orte der Verwaltung im ersten Kapitel das alte Rathaus und
das alte Stadthaus. Daran schließt sich ein fiktiver Arbeitstag eines Leipziger
Kommunalbeamten im Jahre 1873 an.
Das dritte Kapitel ist der Leipziger Stadtverwaltung gewidmet. In diesem
Rahmen untersucht die Verfasserin den Stadtrat, das Ratsplenum, die
Ratsabteilungen und die Ratsdeputationen samt der Geschäftsordnung und der
Geschäftsführung. Kurz geht sie auf die einzelnen Verwaltungszweige und
Verwaltungsabteilungen ein.
Danach wählt sie einzelne Aufgabenfelder der städtischen Verwaltung aus,
wobei sie zunächst die Aufgabenbereiche des Rates für die Zeit von 1876 bis
1892 darstellt. Wandlungen des alten Aufgabenbestands zeigt sie an der
Auflösung des Nachtwächterinstituts, am Stadtarchivariat und an der
Bauverwaltung. Neue Aufgaben ergeben sich aus der Vermessung, der Einführung
der Krankenversicherung und der Einrichtung von Standesämtern.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit den Kommunalbeamten, das sechste
Kapitel mit ihren Interessenvertretungen. Danach zeigt ein fiktiver Arbeitstag
eines Leipziger Kommunalbeamten im Jahre 1892 die Veränderungen während der
untersuchten Zeit, die in den Schlagworten Professionalisierung,
Leistungsverwaltung und Bürokratisierungsschub zusammengefasst werden können.
Die Vielzahl der Einzelergebnisse gewichtet sie in einem Resümee, in dem die Anerkennung
der unternommenen Bemühungen überwiegt.
Im Anhang bietet sie auf mehr als 50 Seiten 164 verdienstvolle
Kurzbiographien (darunter mehr als 60 Juristen) sowie einige weitere
Überblicke. Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Personenregister runden die
interessante Studie ab. Insgesamt zeigt das Werk beispielhaft, wie - in Leipzig
- im ausgehenden 19. Jahrhundert eine moderne, leistungsfähige
Großstadtverwaltung entstand.
Innsbruck Gerhard
Köbler