Manitius, Max, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Band 2 Von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Kampfes zwischen Kirche und Staat (= Handbuch der Altertumswissenschaft, neunte Abteilung, zweiter Teil, Band 2). Beck, München 1923, Neudruck 1976. 873 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gelegentlich geschieht Gefälliges völlig unerwartet. So kann man 2009 kostenlos ein wertvolles Werk erhalten, das 1923 erschienen und 1976 neugedruckt worden ist. Wie soll man sich dann zu dem Hinweis stellen, dass der Verlag sich freuen würde, wenn eine Besprechung möglich wäre?
Sicher kann man auf den Inhalt nochmals kurz hinweisen. Man kann also mitteilen, dass nach einer kurzen Einleitung 11 Theologen von Odo von Cluni bis Berengar von Tours und seinen Widersachern, 59 Werke der Geschichtsschreibung von den Cluniazenseräbten bis Adam von Bremen, 22 Werke der Hagiographie (Prosa) vom Liber de virtutibus s. Eugenii bis Waifarius von Salerno, 21 Werke der Dichtung von Gerhard von Soissons bis Alphanus I. von Salerno, 15 Werke zu den Fächern des Triviums von Ebarcius von St. Amand bis Walo von St. Arnulfs Briefen und schließlich 8 Werke zu den Fächern des Quadriviums von Wichram von Sankt Gallen bis Meinzo von Konstanz behandelt worden sind. Dabei wird man sich mit dem International Dictionary of Intellectual Historians darüber wundern dürfen, dass zu Max Manitius (Dresden 23. März 1858-Kötzschenbroda bei Radebeul 21. 9. 1933) trotz seiner Beiträge zur Geschichte frühchristlicher Dichter im Mittelalter (1890), der Geschichte der christlich-lateinischen Poesie bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts (1891), den Analekten des Horaz im Mittelalter (1893), der Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters (1911), Bildung, Wissenschaft und Literatur im Abendlande von 800 bis 1100 (1925) und Handschriften antiker Autoren in mittelalterlichen Bibliothekskatalogen (1935) kein Artikel in Wikipedia vorhanden ist, weil ein ausgezeichneter Sachkenner im Laufe seines langen Forscherlebens doch so wertvolle Leistungen erbracht hat, dass das gänzliche Vergessen völlig unverdient ist.
Darüber hinaus kann man sich darüber freuen, dass im Verlag die Erinnerung daran nicht vergangen ist. Man kann hoffen, dass sich jemand findet, der dazu bereit ist, die inzwischen gewonnenen neuen Erkenntnisse mit dem seinerzeitigen Wissen zu vereinen. Und man kann die Ansicht äußern, dass es für die frühmittelalterliche Literatur-, Geistes- und Kulturgeschichte ein großer Gewinn wäre, wenn bis 2023 auf der vorliegenden Grundlage eine vergleichbare Darstellung des bis dahin erreichten Wissensstandes sich ermöglichen ließe.
Innsbruck Gerhard Köbler