Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich, hg. v. Gehringer, Horst/Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. VII, 268 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.

 

Der Sammelband vereinigt die Referate der Tagung „Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich“ vom 3./4. Juni 2005 in Mühldorf/Inn. Das Vorwort begründet die Einbeziehung Salzburgs mit dem Tagungsort, dem bis 1802 salzburgischen Mühldorf. Damit wurde aber in glücklicher Weise ein nahezu gemeinsamer Rechtsraum angesprochen wie dies etwa das Formularbuch eines Johann Neuhofer von 1550 charakterisiert mit seinem Titel „Formular allerlai gemainer Contractbrief vnd andrer Schrifften, im Stift Salzburg, Land zu Bayrn und Oesterreich gebreichig“. Gegenseitige Wahrnehmung in der Gesetzgebung insbesondere durch die wirtschaftliche Nachbarschaft bezeugt übrigens der Beitrag von Michael Nadler über die Tabakbesteuerung in Bayern und Salzburg. Auch Peter Landau behandelt einen punktuellen Regelungskomplex, nämlich die eheliche Gütergemeinschaft im Bamberger Landrecht von 1769 mit Ausblicken zur Gütergemeinschaft im Deutschen Privatrecht bis zum BGB. Die übrigen Beiträge beschäftigen sich mit allgemein-legistischen Fragen. Martin P. Schennach beleuchtet das Verhältnis von Gewohnheitsrecht, Einzelgesetzgebung und Landesordnungen in Tirol in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Christian Neschwara den landständischen Einfluss auf die im wesentlichen Projekt gebliebene Landesordnung für Österreich unter der Enns 1654 (von ihm auf 1650 datiert), Josef Pauser die niederösterreichischen Policeyordnungen 1542 und 1552, Wolfgang Wüst untersucht die Landes- und Polizeigebote im bayerischen Reichskreis und Manfred Peter Heimers im Wesentlichen die Polizeigesetzgebung der Kaiserlichen Administration Kurbayerns von 1704 bis 1714. Stefan Breit ergänzt die in den genannten Beiträgen vorrangig behandelte Landes- und Kreisebene um einen Blick in die herrschaftliche Gesetzgebungspraxis.

 

Die Bedeutung der Beiträge liegt überwiegend in den höchst quellengesättigten Details. Sie verdeutlichen Bekanntes, bringen aber auch Neues wie etwa im Beitrag Pausers die Bemühungen, die Policeyordnung 1552 auch in anderen habsburgischen Territorien beziehungsweise Ländergruppen, etwa Vorarlberg und Vorderösterreich, in Kraft zu setzen. Schennach zeigt beispielsweise auf, wie neue Erscheinungen, etwa Söldnerheere und Intensivierung des Bergbaus, nicht nur direkte, sondern auch begleitende legistische Maßnahmen verlangten. Was die Frage der „Implementation“ beziehungsweise „Durchsetzung“ des Zivilrechts der Tiroler Landesordnung anlangt (31f.), wird man wohl noch weitere Überlegungen anzustellen haben, vor allem nach dem Verständnis der Normen als dispositiv oder zwingend. Beispielsweise verbietet das Rauriser Landrecht um 1550 die Gütergemeinschaft, nachweislich wurden aber im Landgericht Rauris weiterhin derartige Verträge abgeschlossen. Ein wenig stört bei Schennach die Verwendung von „Kodifikation“ auch in Zeitwortform, womit allzu Neuzeitlich–Systematisches in die Zeit um 1500 rückprojeziert wird. Breit verwendet etwas oft den doch verschwommenen und nicht mehr so ganz konsentierten Begriff der Sozialdisziplinierung.

 

Insgesamt liegt jedenfalls ein höchst gelungener, weil instruktiver Band vor, dessen Beiträge besonders durch ihre Quellennähe bestechen. Forschungen zur Gesetzgebungsgeschichte können an ihm nicht vorbeigehen.

 

Wien                                                                                                  Wilhelm Brauneder