Juristische Argumentation – Argumente der Juristen, hg. v. Cordes, Albrecht (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 49). Böhlau, Köln 2005. IX, S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung hält mit beeindruckender Verve zu Recht die Erinnerung an eines der bedeutendsten Gerichte des deutschen Sprachraums wach. Dafür ist in erster Linie die unablässige Präsenz vor Ort unabdingbar. Ebenso bedeutsam ist aber auch die Außenwirkung, die durch Vorträge und Kolloquien und deren Veröffentlichung getragen wird.

 

In diesem Sinne hat im Oktober 2004 ein wissenschaftliches Kolloquium über den Quellenwert frühneuzeitlicher Argumentation, wie sie ihren Niederschlag in Gerichtsurteilen und Gutachten fand, stattgefunden. Die dort gehaltenen Referate vereint der vorliegende verdienstvolle Band. Er umfasst insgesamt neun Studien.

 

Den Beginn macht Albrecht Cordes mit einem „allzu scharf gerittenen Pandectenhengst“, in dem er richterliches Selbstbewusstsein und juristische Argumente gegenüberstellt. Jürgen Weitzel untersucht demgegenüber Werte und Selbstwertung juristisch-forensischen Begründens heute. In die andere Richtung greift Ulrich Falk unter dem Titel „Un reproche que tous font à Balde“ auf die gemeinrechtliche Diskussion um die Selbstwidersprüche der Konsiliatoren über die Neuzeit und das Reichskammergericht aus.

 

Alain Wijfels steuert Argumentationsmuster in belgisch-niederländischen Konsiliensammlungen des 16. Jahrhunderts bei. Thomas Lau beschäftigt sich mit dem Rechtsanwalt und dem juristischen Argument. Stefan Ehrenpreis behandelt Religionsprozesse vor dem Reichshofrat zwischen 1555 und 1620.

 

Serge Dauchy und Véronique Demars-Sion entschlüsseln Argumentation et motivation dans les recueils d’arrêts des cours souveraines de France am Beispiel des Parlement de Flandre vom Ende des 17. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts. Ignacio Czeguhn vergleicht Entscheidungsfindung und Entscheidungsbegründung auf der iberischen Halbinsel und in Deutschland vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Demnach widmet sich vor allem Peter Arnold Heuser in seiner Fallstudie zur Bedeutung der Vor- und Nachkarrieren von Reichskammergerichts-Juristen des 16. Jahrhunderts für das Studium ihrer Rechtsauffassungen besonders dem Reichskammergericht.

 

Dessenungeachtet können die zeitlich wie örtlich weitgespannten Parallelen für das Ansehen des Reichskammergerichts nur förderlich sein. Unausgesprochen steht es in der Mitte dieses interessanten Gedankenstraußes, dessen Aufnahme ein Sachregister noch erleichtert hätte. Möge die Erinnerung an diesen Ort frühneuzeitlicher Friedensstiftung weiter wachsen und gedeihen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler