Heuser, Rita, Namen der Mainzer Straßen und Örtlichkeiten. Sammlung, Deutung, sprach- und motivgeschichtliche Auswertung (= Geschichtliche Landeskunde 66). Steiner, Stuttgart 2008. XVI, 677 S., Kart., CD-ROM. Besprochen von Dieter Kugelmann.

 

Die Geschichtsschreibung der Orts- und Regionalgeschichte ist auf die gründliche Auswertung teils verstreuten Materials angewiesen. Die vorliegende Mainzer Dissertation Rita Heusers stellt eine akribisch gearbeitete Untersuchung dar, die durch die Erhebung und Deutung der Namen von Mainzer Strassen und Örtlichkeiten eine wertvolle Grundlage für die künftige Beschäftigung mit der Mainzer Stadtgeschichte und allgemein mit Stadtgeschichte bildet. Die Verfasserin bindet in ihrer Einleitung den Untersuchungsgegenstand in den Rahmen ein, den die Namen (Mikrotoponymie), die Stadtgeographie und die Stadtgeschichte vorgeben. Im ersten Hauptteil, der über 400 Seiten umfasst, führt sie die Namen der Ortsteile und Straßen auf und analysiert jeden einzelnen auf der Grundlage der jeweils verfügbaren Quellen und der historischen sowie sprachlichen Zusammenhänge. Die Verfasserin fördert spannende und schwer zugängliche Details zu Tage. In Zweifelsfällen werden die unterschiedlichen Möglichkeiten dargelegt, die zur Herausbildung des Namens geführt haben könnten. Ortsteile wie Bretzenheim, Hechtsheim oder Laubenheim gehen auf Personennamen zurück und bezeichneten römische oder fränkische Siedlungen: Der Name Mainz selbst ist keltischen Ursprungs und könnte auf die Gottheit Mogon als Namenspatron zurückzuführen sein, die in römischer Zeit mit Apollo gleichgesetzt wurde. Die Auswertung stellt den zweiten Hauptteil dar und beginnt mit der Erörterung der einzelnen Laute. Dialektgeographisch gehört Mainz zum Pfälzischen, aufgrund seiner günstigen Lage integrierte es dann aber Menschen unterschiedlicher ethnischer und sprachlicher Herkunft. Aufschlussreich sind die Darlegungen zu den Motiven der Straßennamensgebung. Der Verfasserin gelingt es, schlüssig zu systematisieren. Dabei schälen sich wirtschaftliche und militärische Gegebenheiten heraus. Neubenennungen in französischer Zeit verdeutlichen das Bemühen der Besatzer, mit dem Mittel der Sprache und der Benennungen Politik zu betreiben. Im 20. Jahrhundert dagegen wurde die Straßennamensgebung mit Ausnahme der Zeit des Nationalsozialismus eher entpolitisiert. Auffallend ist, dass die Verfasserin bei übergreifenden Ergebnissen gelegentlich auf bereits aufgestellte Thesen zurückgreift und diese bestätigt. In den Details verlässt sie sich stärker auf ihre eigenen Ergebnisse. Als Fundgrube für die Mainzer Stadt- und Regionalgeschichte ist das Werk unersetzlich. Die beiliegende CD erhöht noch den Nutzwert, indem sie das Material digital zugänglich macht. Das Werk ist nicht nur für Historiker von Wert. Jeder, der an Mainz interessiert ist, gewinnt bei der Lektüre nützliche und erhellende Einblicke in die historischen Zusammenhänge, die konkrete Orte und Umgebungen geprägt haben und bis heute prägen.

 

Münster                                                                                             Dieter Kugelmann