Hanawalt, Barbara A., The Wealth of Wives -
Women, Law, and Economy in Late Medieval
Nach
der These dieses Buches leisteten Frauen nicht so sehr − wie bislang
angenommen − durch ihre Arbeitskraft einen bedeutenden Beitrag zur
Entwicklung Londons im Spätmittelalter, sondern vielmehr durch die Weitergabe
von Vermögen (insbesondere durch Heirat).
Im
ersten Teil wird auf der Grundlage einer Vielzahl von Einzelbeispielen der Lebensweg
von Frauen von der Geburt bis zur (Wieder-)Heirat nachgezeichnet. Kapitel 1 (Daughters
and Identities) fragt, ob alle Kinder gleichbehandelt wurden. Am Beispiel der Londoner
Vorschriften zu Erbschaftsangelegenheiten wird aufgezeigt, dass dies von
offizieller Seite aus durchaus der Fall war. Allerdings wird vermutet, dass im
familiären Umfeld Unterschiede gemacht wurden, sich zum Beispiel in den
Familien intensiver um männliche Kleinkinder gekümmert worden sein könnte, da 10%
weniger Mädchen im court of orphans nachzuweisen sind. Kapitel 2 (Education and
Apprenticeship) bestätigt, dass die Erziehung von Mädchen darauf abzielte, sie
auf die Ehe vorzubereiten, wobei sich ihr Marktwert steigerte, wenn sie
jungfräulich in die Ehe gingen. Aus dem folgenden Kapitel (Inheritance, Dowry,
and Dower) geht hervor, dass Mädchen bei Erreichen der Volljährigkeit (21
Jahre) oder zum Zeitpunkt der Eheschließung (in der Regel mit 16 Jahren) ihr
Erbe antreten durften. Wenn möglich wurde Land von den Eltern an die Mädchen
vererbt, wie auch Grundbesitz gerne als Mitgift (dowry) gegeben wurde. Das
Wittum (dower) konnte im Rahmen der Eheschließung ausgehandelt werden und es
konnte auch Land umfassen, doch konnte Grundbesitz von Ehemännern nicht auf
ihre Frauen vererbt werden. Falls das Wittum nicht zu Beginn der Ehe festgelegt
wurde, erhielt die Witwe beim Tod ihres Mannes ein Drittel seines Gutes auf
Lebenszeit, falls es Kinder gab, oder (seit 1356) die Hälfte, falls die Ehe
kinderlos geblieben war. Da die Bedeutung der Heirat zentraler Bestandteil der
These dieses Buches ist, wird der Eheschließung ein ganzes Kapitel gewidmet
(Kapitel 4, The Formation of Marriage), wobei sich allerdings die Frage stellt,
warum Aspekte wie Hochzeitsfeier und Liebe behandelt werden müssen. Im nächsten
Kapitel Kapitel 5, Recovery of Dower and Widow’s Remarriage) wird das Ende
einer Ehe thematisiert. Witwen waren durchaus in der Lage, gegebenenfalls um
ihr Wittum zu kämpfen, und gingen häufig kurz nach dem Tod des Partners eine
neue Bindung ein, wobei die neuen Ehemänner oftmals denselben Beruf ausübten
wie der verstorbenen Ehemann. Da Frauen oftmals früh verwitweten, konnten sie
mehrmals heiraten und so ein beträchtliches Vermögen anhäufen. Kapitel 6 (For
Better or Worse: The Marital Experience) befasst sich näher mit der Ehe, die
als lebenslange Partnerschaft angesehen wurde, in der die Frau der
untergeordnete Partner war.
Die
Erkenntnisse, die sich aus diesen Kapiteln gewinnen lassen, sind nicht wirklich
neu. Wer hätte bestritten, dass Witwen Vermögen vererben konnten? Wer nun aber
erwartet, dass im zweiten Teil des Buches diese These durch Kontrastierung mit
der bisherigen Forschungsmeinung untermauert wird, sieht sich enttäuscht, denn
in den verbleibenden drei Kapiteln werden, nach dem nun schon gewohnten Muster,
alle nur erdenklichen Aspekte aus dem wirtschaftlichen Lebensbereich von Frauen
angesprochen und ausführlich an Hand von Einzelbeispielen beschrieben. Hier
geht es um Frauen als Konsumenten (Kapitel
7, Standard of Living and Women as Consumers), Unternehmer (Kapitel 8, Women as
Entrepreneurs) und Dienstleister (Kapitel 9, Servants, Casual Labor, and
Vendors). Der Leser nimmt die Erkenntnis mit, dass Frauen mit dem ihnen zur
Verfügung stehenden Vermögen einkaufen konnten und sie in der Lage waren, ein
Geschäft zu führen, doch die Mehrzahl der Frauen sich als Dienstmagd verdingen
mussten.
Im Kapitel
10 (Conclusion) werden die Kapitel zusammengefasst und wird die These
wiederholt. Ein Glossar erläutert einige wichtige Begriffe und ein Namens-,
Sach- und Ortsindex erschließt den Band.
Das
Buch basiert hauptsächlich auf Sekundärliteratur und gedruckten Quellen, mit
gelegentlichem Rückgriff auf ungedrucktes Material, wozu ich jedoch nicht den
Ancient Deeds Catalogue, ein Findbuch, zählen würde, der unter Manuscript
Sources aufgelistet ist. Zumindest eine Fußnote ist fehlerhaft (vgl. S. 260
Anm. 74: Ein Statute of Treason 26 Edward III c. 2 gibt es nicht) und die
beiden Kanzleipetitionen, die ich überprüft habe, sind nicht richtig verstanden
worden: John Nele verlangte keinen Schadenersatz für die Vergewaltigung seiner
fünfjährigen Tochter, wie auf S. 47 behauptet. Richard Roberd, der sich mit
seiner Petition an den Kanzler wandte, beklagte vielmehr, dass Nele eine Trespassklage
gegen ihn eingereicht hat und zugleich die Stellung von Surety of Peace vor dem
Bürgermeister und den Sheriffs von London verlangte. Er konnte außerdem keine
Bürgen stellen to his utter slaundre and damage’, da er aufgrund des Befehls eines
Ältermannes inhaftiert war, und erbat daher ein corpus cum causa writ
(C1/66/233). Und der Schuldner John Peris war nicht aus London geflohen und hatte
seine Frau ins Gefängnis gehen lassen, obwohl er die Verbindlichkeiten aus
seinem Vermögen hätte begleichen können, wie man auf S. 171 lesen kann. Peris war vielmehr ‚daily present within the citee of
Um die
These dieses Buch zu belegen, wird weit, oftmals zuweit, ausgeholt. Das gesamte
Spektrum wird abgehandelt, von wohlhabenden Frauen bis hin zu Bettlerinnen, von
Ehefrauen bis hin zu Prostituierten. Es
wird nicht deutlich, warum es zum Beispiel notwendig ist, Eheversprechen,
Ungehorsam, Treue und Untreue, häusliche Gewalt, Einkaufsmöglichkeiten in
London oder die Bedeutung der Privatsphäre zu erwähnen. Zur Untermauerung der
These können die dort gemachten Ausführungen jedenfalls nicht dienen.
Argumentiert wird allerdings auch in erster Linie mit der Aneinanderreihung von
Beispielen, aus denen aber, je nach Gewichtung, alles herausgelesen werden
kann. Eine echte Beweisführung wird nicht erbracht, was nur zum Teil an der
mitunter dürftigen Quellenlage liegen dürfte. Es ist auch nicht ganz klar, an
wen sich das Buch eigentlich richtet. Als Einführung in die Welt der
spätmittelalterlichen Frauen scheint es – aufgrund der vielen Beispiele und der
Breite der abgehandelten Themen – durchaus gelungen. Von der These bin ich
jedenfalls nicht überzeugt. Aber schließlich wollte Hanawalt ja auch nur die
Basis für weitere Forschungen legen (S. vi).
Fürth Susanne
Jenks