Gotto, Bernhard, Nationalsozialistische Kommunalpolitik. Administrative Normalität und Systemstabilisierung durch die Augsburger Stadtverwaltung 1933-1945 (= Studien zur Zeitgeschichte 71). Oldenbourg, München 2006. X, 476 S., 16 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Andreas Wirsching nach einem kritischen Moment betreute, von der Volkswagenstiftung unterstützte, geringfügig überarbeitete, im Juni 2004 unter dem Titel „Administrative Normalität - Die Augsburger Stadtverwaltung im lokalen NS-Herrschaftssystem 1933-1945“ von der philosophischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene Dissertation des als Projektmitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in fünf Teile. Diese folgen teils chronologischen, teils systematischen Gesichtspunkten.

 

Den Beginn bilden Machtergreifung und Machtsicherung, in deren Rahmen die Revolution auf leisen Sohlen kommt. Unter den Vorzeichen des Terrors erfolgt eine Konsolidierung. Mit der Einführung der Deutschen Gemeindeordnung entstehen geordnete Verhältnisse.

 

Für sie erstellt der Verfasser das Profil einer nationalsozialistischen Behörde. Hinsichtlich der kommunalen Elite fragt er nach dem braunen Amtsschimmel. Im Ergebnis kann er die Stadtverwaltung im Geflecht nationalsozialistischer Herrschaftsinstanzen als Polykratie vor Ort erklären.

 

Als Einzelfälle kommunalen Handelns im polykratischen Führerstaat untersucht er Fürsorge- und Gesundheitsorganisation. Danach behandelt er das kommunale Wohnungswesen im Zwiespalt zwischen Wohnungselend und Prachtstraße. Die Strukturpolitik sieht er traditional, aber braun eingefärbt.

 

Von hier aus geht er zu den Veränderungen im  und durch den Krieg über. Am Ende verfolgt er die Entwicklung von alten Kämpfern zu alten Kameraden. Dabei geht es außer um Entnazifizierung vor allem um Pensionsansprüche etwa der Funktionäre Mayr und Förg.

 

Die am Ende klar zusammengefassten Ergebnisse zeigen, dass Augsburg kein hilfloses Objekt zwischen der Willkür von Parteidienststellen und einem rigiden Zentralismus des Staates war. Vielmehr handelte die Stadtverwaltung durchaus auch aktiv und eigenständig im Sinne des Führers. Dadurch stützte nach Ausweis der umsichtigen Untersuchung auch Augsburg die nationalsozialistische Herrschaft.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler