Fischer, Annette, Die Entwicklung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes. Von Bismarck bis Marlene Dietrich (= Europäische Hochschulschriften 2, 3969). Lang, Frankfurt am Main 2004. 282 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hermann Nehlsen betreute, im Wintersemester 2003/2004 von der juristischen Fakultät der Universität München angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie ist im Rahmen des Graduiertenkollegs zum europäischen Persönlichkeitsrechtsschutz entstanden. Fertiggestellt ist sie berufsbegleitend zu einer praktischen Tätigkeit in einer internationalen Wirtschaftskanzlei.
Gegliedert ist sie nach einem ausführlichen Abkürzungsverzeichnis und einer ähnlich langen Einleitung in zwei Teile. Im Teil A befasst sie sich mit dem Schutz Verstorbener in ideeller Hinsicht. Im Teil B behandelt sie die Stärkung des Schutzes Verstorbener im kommerziellen Bereich.
Ausgangspunkt ist die beabsichtigte Veröffentlichung eines Fotos Otto von Bismarcks auf dem Totenbett durch die Fotografen Wilcke und Priester im Jahre 1898. An diesem Fall und an anderen Beispielen veranschaulicht die Verfasserin die Problematik. Sie besteht einerseits in der Würde und dem Ansehen eines Menschen nach seinem Tode und andererseits in der Verwendung des Rufes und des Ansehens eines Verstorbenen durch Dritte zwecks Verfolgung eigener kommerzieller Interessen.
Im Teil A verfolgt die Verfasserin die Entwicklung der Rechtsprechung zur Anerkennung eines postmortalen Persönlichkeitsrechts von Bismarck über die höchstrichterliche Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts bis zur höchstrichterlichen Anerkennung auch eines postmortalen Persönlichkeitsrechts in den Jahren 1954 (Cosima Wagner) und 1968 (Mephisto). Danach setzt sie sich ausführlich mit der dogmatischen Erfassung auseinander und behandelt den Umfang des postmortalen Persönlichkeitsschutzes, die Befugnis zur Wahrnehmung der ideellen Interessen des Verstorbenen, die Rechtsfolgen bei Verletzung und die Dauer des postmortalen Persönlichkeitsschutzes. Stets macht sie auf die Bedeutung des dogmatischen Ansatzes aufmerksam, nach Möglichkeit versucht sie die kritische Auseinandersetzung und die eigene Stellungnahme.
Teil B geht von der Anerkennung der Vererblichkeit der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts in der Marlene-Dietrich-Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahre 1999 aus. Danach wendet sich die Verfasserin der Zulässigkeit der Nutzung von Identitätsmerkmalen Verstorbener durch Dritte im Rahmen der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit, der Werbung und als Ware, der Rechtsstellung der Rechtsnachfolger in die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts und der Dauer der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts zu. Auch hier bietet sie eigene Lösungsvorschläge, so dass jeder an dieser an Aktualität vermutlich noch gewinnenden Problematik Interessierte durch die Untersuchung mit Geschichte und gegenwärtiger Diskussion auf ansprechender Literaturgrundlage gut vertraut gemacht wird.
Innsbruck Gerhard Köbler