Die
englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III, hg.
v. Vollrath, Hanna/Fryde, Natalie (= Beck’sche Reihe). Beck, München
2004. 350 S., 19 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Großbritannien
ist für Europa von herausragender Bedeutung. Auch das ältere England hatte für
den Kontinent besonderes Gewicht, zogen doch nicht nur Kelten und Römer in das umstrittene
Britannien, sondern auch Angeln, Sachsen, Jüten, Dänen, Wikinger und Normannen.
Aus diesem Grunde hat die englische Geschichte auch für die deutsche
Rechtsgeschichte besonderen Stellenwert, dem durch Berücksichtigung englischer
Monographien so weit wie möglich Rechnung zu tragen ist.
Geringere
Zugangsschwierigkeiten bestehen dabei, wenn der Gegenstand in deutscher Sprache
dargestellt wird. Deswegen ist Hanna Vollrath und Natalie Fryde dafür zu
danken, dass sie als preiswertes Taschenbuch eine Übersicht über die englischen
Könige im Mittelalter von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III. vorgelegt
haben. Insgesamt betrifft er 17 Könige, die im Mittelalter über England
geherrscht haben, wobei freilich eine dem unzutreffenden Untertitel entsprechende
tatsächliche Beschränkung auf einen Ausgangspunkt bei Wilhelm dem Eroberer den
Zeitraum Mittelalter gegenüber der herkömmlichen Ansicht deutlich eingeengt
hätte.
Gegliedert
ist das Werk in sieben Kapitel. Sie fassen die Einzelheiten in größere
Einheiten zusammen. Im Kern wird dabei nach Möglichkeit von Häusern ausgegangen.
Mit den
frühesten englischen Königen befasst sich Patrick Wormald, der vom
Heldenzeitalter und von englischen Königen zum König der Engländer führt, wie
er durch Alfred den Großen und Eduard den Bekenner verkörpert ist. Den
normannischen Königen in Quellen und Beschreibungen, in Briefen und Urkunden
widmet sich Judith Green und legt außer der Verwaltung auch das Familienleben
eindringlich dar. Martin Aurell zeigt die ersten Könige aus dem Hause Anjou als
Glieder eines immer auf Reisen befindlichen, zerrissenen Geschlechts, dessen
politische Propaganda aber bereits den König als gelehrten Ritter zu
präsentieren versteht.
Nicholas
Vincent greift Heinrich III. (1216-1272) besonders heraus, während dessen langer
Regierungszeit die Herausbildung einer politischen Identität Englands erfolgt.
Als Wesenszüge hebt er Frömmigkeit und Familienliebe hervor, beschreibt den
König aber auch als Mäzen der Kunst. Einleuchtend bindet er neue
Forschungsansätze ein.
Für die
eduardische Epoche (1272-1377) arbeitet Robin Studd trotz des Hundertjährigen
Krieges ein goldenes Zeitalter der englischen Literatur heraus, in dem das
Französische als Hof- und Verwaltungssprache untergeht. Im Haus Lancaster
(1377-1461) ist Richard II. ein gescheiterter König, doch gelingt Heinrich V.
die Integration durch Versöhnung nach innen und Krieg nach außen, wenngleich
die Kirche in eine tiefe Krise gerät. Am Ende beleuchtet Bärbel Brodt das kurze
Haus York und die es verstrickenden Rosenkriege, wobei Richard III. als letzter
der Plantagenets bereits nach zweijähriger Herrschaft nach Verrat durch
Heinrich Tudor geschlagen wird.
Insgesamt
verfolgen die durchweg sehr sachkundigen Verfasser unterschiedliche
Schwerpunkte von der frühen Entstehung eines einheitlichen Königreichs bis zur
späten Heiratspolitik. Dabei fügen sie durchweg neue Erkenntnisse ein. Eine
chronologische Übersicht, Literaturvorschläge, eine Bibliographie, einige
Stammtafeln und Landkarten runden das gelungene, gut lesbare Gemeinschaftswerk
angenehm ab.
Innsbruck Gerhard
Köbler