Becker, Sven, Die Spruchtätigkeit der juristischen Fakultät Rostock – zwischen dem Sommersemester 1701 und dem Wintersemester 1721/22 (= Rostocker rechtsgeschichtliche Reihe 2). Shaker, Herzogenrath 2003. XI, 341 S. + 1 CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Ralph Weber betreute, 2003 von der juristischen Fakultät der Universität Rostock angenommene Dissertation des Verfassers. Sie ist in den größeren Zusammenhang der Erschließung der Spruchakten und Protokollbücher der juristischen Fakultät der Universität Rostock eingebunden. In diesem Rahmen widmet sie sich den ersten beiden, durch den nordischen Krieg gekennzeichneten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts.

 

Zwar erfolgt die Aufarbeitung der Akten fallbezogen, doch war dabei eine tiefgreifende Untersuchung der einzelnen Gutachten nicht möglich, da dies bei der großen Zahl den Umfang sprengen würde. Deswegen wurden in erster Linie alle Urteilssprüche und Rechtsbelehrungen in eine Datenbank aufgenommen und systematisiert. Auf dieser Grundlage wurden allgemeinere Schlüsse in statistischer Auswertung gezogen.

 

Gegliedert ist die Untersuchung in vier Teile. Der erste Abschnitt beleuchtet dabei einführend das allgemeine Zeitgeschehen dieser Jahre, wobei besondere Aufmerksamkeit von Europa, dem Reich und Mecklenburg ausgehend Rostock und seine Universität erfahren. Der zweite Abschnitt wendet sich der Geschichte der Aktenversendung zu, die von den Anfängen bis zum Niedergang verfolgt wird, wobei die Rostocker Verhältnisse besonders berücksichtigt werden.

 

Im Mittelpunkt steht dann die Auswertung der im Untersuchungszeitraum ausgefertigten Sprüche. Zwar sind die Unterlagen des Wintersemesters 1703 und der Sommersemester 1705 und 1706 nicht erhalten, doch ist der Gesamtzustand der überlieferten 27 Protokollbücher insgesamt durchaus gut. In ihnen hat der Verfasser 2157 Spruchkonzepte d. h. bei stark schwankender Frequenz etwa 50 pro Semester ausmachen können.

 

Dieses Material wird einheitlichen Fragestellungen unterworfen. Sie betreffen vor allem die territoriale Herkunft der Akten (aus Mecklenburg [z. B. 12 Prozent Mecklenburg-Schwerin], Preußen [501 bzw. 23 Prozent], Braunschweig-Lüneburg, Schwedisch-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen, Hamburg, Lübeck und sonstigen Gebieten), die Art der Erledigung (236 Gutachten, 694 allgemeine Rechtsbelehrungen, 1154 Urteile), die Konsulenten, die verschiedenen Rechtsmaterien (53 Prozent Zivilrecht [davon 40 Prozent Schuldrecht, 23 Prozent Erbrecht, 21 Prozent Sachenrecht, 10 Prozent Familienrecht, 4,5 Prozent Handelsrecht], 28 Prozent Strafrecht [34 Prozent Straftaten gegen das Leben, 26 Prozent gegen die Sittlichkeit, 25 Prozent gegen das Vermögen, 4 Prozent Hexerei], 7 Prozent Lehnrecht, außerdem Grundherrschaft, Kirchenrecht, Staatsrecht, Injurien), die Dauer der Bearbeitung, die Gebühren, die Kostenentscheidung und die Normen. Am Ende fügt der Verfasser die Biographien von Johannes Sibrand, Johannes Klein, Johann Joachim Schöpffer, Caspar Matthaeus Müller, Mathias Stein, Johann Barnstorff, Joachim Heinrich Sibrand, Jacob Carmon und Johann Christian Petersen an, so dass er insgesamt eine bisher bestehende Lücke ansprechend schließt und einen verlässlichen Rahmen für die mögliche vertiefende Weiterbearbeitung erstellt.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler