Süßmann, Johannes, Vergemeinschaftung durch Bauen. Würzburgs Aufbruch unter den Fürstbischöfen aus dem Hause Schönborn (= Historische Forschungen 86). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 367 S., 12 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Studie ist die im Mai 2005 vom Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene, besonders von Luise Schorn-Schütte und Notker Hammerstein geförderte Habilitationsschrift des Verfassers. Sie geht von dem 1719 eingeleiteten Stadtumbau Würzburgs durch den bereits 1724 verstorbenen Johann Philipp Franz von Schönborn aus. Sie fragt auf dieser Grundlage nach dem Sinn fürstlichen Bauens in dieser Zeit.

 

In der kurzen und klaren Einleitung behandelt der Verfasser Adelsherrschaft im Zeitalter der Staatsbildung. Dabei geht er auf grundsätzliche Fragen der Verfassungsgeschichte, Familiengeschichte und Kulturgeschichte ein. Im Rahmen der Entstehung moderner Staatlichkeit stellt er Otto Brunner und Wolfgang Reinhard einen eigenen Standpunkt gegenüber.

 

Im ersten seiner drei Untersuchungsfelder widmet er sich den Handlungsbedingungen in der Form einer Strukturanalyse reichsritterschaftlicher Stiftsherrschaft. Im Ergebnis hebt er die Handlungsoptionen eines Fürstbischofs hervor. Dabei stößt er auf Gründe, warum Fürstbischöfe über ihren Familienauftrag hinausgingen.

 

Die konkreten Handlungsgründe untersucht er mit Hilfe der Selbstdarstellung der Schönborn, der Abstammungslinien, Laufbahnentscheidungen, Partnerwahlen, Geschwisterreihen und Namengebung. Der eigentliche Grund der dabei sichtbar werdenden Aufstiegsdynamik bzw. des eine ungewöhnliche Politik ermöglichenden Selbstbewusstseins kann sich hierbei freilich immer nur vermutungsweise fassen lassen.

 

Der dritte Abschnitt betrifft das Handlungsfeld in der Form der Baupolitik. Hier sieht der Verfasser das Bauen nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel einer politischen und sozialen Strukturtransformation und als Versuch der Gewinnung eines neuen Verhältnisses des Fürstbischofes zu Stadt und Domkapitel nach einer Krise der Stiftsherrschaft um 1700. Als Ergebnis hält er fest, dass absolutistische Baupolitik mit Hilfe des Baumandats von 1722 den öffentlichen Raum zugleich normierte und (auf die Gestaltung offenen Gassen und Straßen bis zu den Hausfronten) beschränkte.

 

Freilich konnte die von den Nachfolgern mehrfach aufgegebene und wieder fortgesetzte Neuerung den Untergang der Stiftsherrschaft Würzburg und der Stiftsherrschaften insgesamt nicht aufhalten. Die Stiftsherrschaften gingen unter, weil das Reich zerfiel, dem sie ihr Dasein verdankten, und sie keine selbständigen Mächte waren und wurden. Gleichwohl schreibt das gut lesbare, vielseitige, durch ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Verzeichnisse der Personen und Geographica abgerundete Buch den Würzburger Anläufen zu einem Staat nachvollziehbar bleibende Verdienste zu.

 

Innsbruck                                                                                                                                          Gerhard Köbler