Seifert, Jan, Funktionsverbgefüge in der deutschen Gesetzessprache (18.-20. Jahrhundert (= Germanistische Linguistik Monographien 15). Olms, Hildesheim 2004. IX, 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Werk ist die mit dem Kauf eines unscheinbaren Heftchens mit dem Titel Fingerzeige für die Gesetzes- und Amtssprache beginnende, von Wolfgang Brandt angeregte und betreute, während der Zeit des Verfassers als Mitarbeiter am Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften der Philipps-Universität Marburg entstandene Dissertation des Verfassers. Sie geht von der Feststellung aus, dass ein auffälliges Merkmal fachsprachlicher Textsorten und Funktionalstile die Neigung zu komprimiert-abstrakter Ausdrucksweise ist, insbesondere zum Gebrauch von Nominalisierungen im Bereich des Prädikatsausdrucks. In Anknüpfung an ein Marburger, bisher 84 deutsche Gesetze, Verordnungen, Mandate usw. zwischen 1706 und 1995 (darunter Teile des Codex Maximilianeus Bavaricus civilis, des Allgemeinen Landrechts, des badischen Landrechts, des sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Bürgerlichen Gesetzbuchs) umfassendes Forschungsprojekt zur Gesetzessprache des 18. bis 20. Jahrhunderts befasst sie sich mit verbo-nominalen Konstruktionen, in denen statt eines Verbs eine Verbindung aus einem (semantisch verblassten) Verb und einem Abstraktum verwendet wird (z. B. zur Anwendung bringen, außer Betrieb setzen, in Besitz sein, in Empfang nehmen, in Gebrauch nehmen, zur Beschlussfassung kommen, unter Schutz stehen).

 

Sie gliedert sich außer in Einleitung und Zusammenfassung in fünf Abschnitte. Zunächst stellt sie Aspekte der Forschungsgeschichte dar, bereitet den von ihr verwendeten Funktionsverbgefügebegriff auf und ermittelt potentielle Motive für die Verwendung von Funktionsverbgefügen. Danach befasst sie sich mit syntaktischen Merkmalen der Gesetzessprache und untersucht dann den empirischen Befund in dem verwendeten Korpus.

 

Im Ergebnis stellt sie als erste diachrone korpusbasierte Untersuchung von Funktionsverbgefügen und verwandten Konstruktionen in der Gesetzessprache an Hand insgesamt 4183er Belege fest, dass der Gesamtanteil der Funktionsverbgefüge an allen Prädikatsausdrücken im Untersuchungszeitraum insgesamt gestiegen ist, die Funktionsverbgefüge aber nicht Hauptträger von Nominalisierungstendenzen sind und der überwiegenden Mehrzahl der Funktionsverbgefüge eine semantische bzw. syntaktische Funktion zuzuweisen ist. Zwar sind Funktionsverbgefüge kein Kennzeichen der Sprache in der rationalisierten Welt, doch sind die Abstrakta bestimmter Funktionsverbgefüge wichtige Träger rechtssprachlicher Fachlexik. Aus dem empirischen Befund lässt sich den Funktionsverbgefügen freilich keine symbolische Bedeutung im Sinne von amtlich oder rechtssprachlich zuweisen und sind sie anscheinend in der Rechtssprache auch nicht am häufigsten vertreten.

 

Im Ausblick skizziert der Verfasser weitere offene Fragen. Die Bibliographie weist die verwendeten Quellen, Wörterbücher, Lexika und literarischen Werke sorgfältig nach. Soweit Tabellen und Graphiken in der interessanten Untersuchung nicht abgedruckt sind, lassen sie sich unter http://www.staff.uni-marburg.de/~seifertj/diss-anhang.html finden.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler