Poudret,
Jean-François, Coutumes et coutumiers. Histoire comparative des droits
des pays romands du XIIIe à la fin du XVIe siècle. Partie V Les biens, Partie
VI Les obligations – Conclusion générale 503 S. Staempfli Editions, Bern 2006.
VII, 700, 536 S. Besprochen von Thomas Gergen.
Es ist sehr
erfreulich, wenn wissenschaftliche Desiderate in kurzer Zeit gründlich und
nutzbringend erfüllt werden. Der Autor setzt mit diesen beiden Bänden zu Gewohnheitsrecht
und Gewohnheitsrechtsbüchern der romanischen Länder im Mittelalter sein großes
Projekt vollständig um. Geographisch umfasst die Studie das frankophone
Schweizer Gebiet, welches den Kantonen Genf, Wallis, Valais, Freiburg,
Neuchâtel und Jura entspricht. Da dieser Raum sprachlich wie rechtskulturell
zwischen Romania und Germania gelegen ist, bietet er besonderen Reiz für eine rechtshistorische
Untersuchung.
Während der
erste Band der jetzt sechsbändigen Reihe die Rechtsquellen und Rechtsgestalter
(Les artisans du droit) und der zweite das Recht der Personen (Les personnes)
behandelte, waren der dritte und vierte Band dem Familien- und Erbrecht
gewidmet[1].
In seiner
Auswertung[2]
fragt sich Poudret, ob die romanischen Länder eher dem Gewohnheitsrecht (pays
de coutumes) oder dem verschriftlichten (römischen) Recht (droit écrit)
zuneigten. Für die einzelnen Rechtsbereiche schlüsselt er diese Zuordnung je
nach Kanton sorgfältig auf, ohne – und dies natürlich zurecht - ein
Pauschalurteil abzugeben. Dies gilt auch für das kanonische Recht sowie für die
Einflüsse des Notariats und der Formularpraxis. Sehr lesenswert ist die
Herausarbeitung der Charakteristika der einzelnen Rechtsbereiche, wobei Poudret
die Eheschließung und die Güterstände sowie das Erb-, Sachen- und Schuldrecht
im Zusammenhang darstellt, ohne schließlich auch Fragen der Zwangsvollstreckung
(exécution forcée) auszuklammern. Nie sieht der Verfasser das Recht der pays
romands als unförmige und unveränderbare Masse an; vielmehr gelingt es ihm in
anschaulicher Art und Weise, die Entwicklungen der ausgewählten Rechtsbereiche
quellennah zu illustrieren.
Hannover Thomas
Gergen