Overath, Petra, Tod und Gnade. Die Todesstrafe in Bayern im 19. Jahrhundert. Böhlau, Köln 2001. VII, 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die vor allem von Helmut Berding betreute, im Rahmen des Graduiertenkollegs Mittelalterliche und neuzeitliche Staatlichkeit und des Projekts Politischer Diskurs und staatliche Praxis verfasste, im Dezember 1999 in Gießen angenommene Dissertation der Autorin. Sie geht aus von der unterschiedlichen Bewertung der Todesstrafe in Europa bzw. Deutschland und in den Vereinigten Staaten von Amerika in der Gegenwart. An Hand Bayerns verfolgt sie sorgfältig die Diskussion in einem vergangenen Zeitraum.
Nach einer kurzen Einleitung beginnt sie den ersten Teil unter der Überschrift Kritik und Reform. Chronologisch geordnet setzt sie mit dem aufgeklärten Absolutismus im ausgehenden alten Reich ein, wendet sich dann dem bayerischen Staatsabsolutismus in Reformzeit und Restauration zu, vertieft die Diskussion im Vormärz und in der Revolution von 1848/1849 und schließt mit den Jahren zwischen 1860 und 1880. Bemerkenswert ist insbesondere das ambivalente Verhältnis des Liberalismus zur Todesstrafe.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Entscheidung über Leben und Tod. In diesem Zusammenhang werden Strafprozess, Begnadigungsverfahren und Hinrichtung untersucht. Tendenziell sanken die Zahl der Todesurteile und die Zahl der Hinrichtungen. Der Staat ist aber stark interessiert an der Herrschaft über das Recht.
Der dritte Teil nimmt die Delinquenten und ihr Umfeld in den Blick. Beim Sozialprofil steht die ländliche Unterschicht im Mittelpunkt, die meist wegen Mordes zum Tode verurteilt wird. Das Verhalten vor Gericht und in der Haft erweist sich als durchaus unterschiedlich.
Am Ende fasst die Bearbeiterin ihre überzeugend gewonnenen Ergebnisse zusammen. Danach barg die Todesstrafe in Bayern als Herrschafts- und Sanktionsmittel ein spezifisches Konfliktpotential. Als langfristig erfolgreich erwies sich vor allem die von Immanuel Kant vertretene Legitimation der Todesstrafe. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die Überzeugung durch, dass die Todesstrafe zwar legitim, aber zunehmend problematisch für das Ansehen des Staates sei, weshalb die Begnadigung an Bedeutung gewann (1817 7 Todesurteile, 4 Hinrichtungen, 1850 29 Todesurteile, 5 Hinrichtungen1881 15 Todesurteile, keine Hinrichtung).
Innsbruck Gerhard Köbler