Ohanowicz, Alfred, Wybór prac (= Auswahl der Schriften), mit einer Einführung von Radwański, Zbigniew, bearb. v. Gulczyński, Andrzej.  Beck, Warschau 2007. XXX, 1204 S. Besprochen von Thomas Gergen.

 

Der Posener Rechtshistoriker Andrzej Gulczyński präsentiert eine Auswahl der wichtigsten Schriften des in Polen bekannten Alfred Ohanowicz (1888-1984). Mit großer Sorgfalt stellt Gulczyński einschlägige Werke des Juristen Ohanowicz in sechs Hauptkapiteln vor.

 

Ein Aufsatz beschäftigt sich mit den öffentlichen Abgaben, welche die Geistlichen im 15. und 16. Jahrhundert leisten mussten. Neben fünf Aufsätzen zur Zivilrechtskodifikation sind weitere den allgemeinen Problemen des bürgerlichen Rechts gewidmet, hier insbesondere das Zusammentreffen von Normen im Zivilrecht vor und nach dem Inkrafttreten des polnischen Zivilgesetzbuches im Jahre 1964, sodann die Verträge mit Geschäftsunfähigen sowie Mängel bei der Willenserklärung. Im eigens angelegten Kapitel zum Sachen- und Erbrecht begegnen dem Leser Studien zum Miteigentum im österreichischen Recht, zu Grenzstreitigkeiten, zur Hypothek in der dritten Novelle des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs, zur Briefhypothek und nicht zuletzt zu Annahme und Ausschlagung der Erbschaft im polnischen Erbrecht. Beim Obligationenrecht ragen Aufsätze zur Auslobung, zur Vertragsfreiheit und zur facultas alternativa heraus. Dazu gesellen sich Analysen der ungerechtfertigten Bereicherung und des Schadensersatzrechts, des Näheren zu Entwicklungstendenzen des Staatshaftungsrechts in der polnischen Judikatur. Das abschließende Kapitel zu Rechtswissenschaft und Rechtslehre enthält Gedanken von Alfred Ohanowicz über den Sinn der Magisterarbeit, Bemerkungen über die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Rechtsgebieten und der Rechtstheorie und betrachtet schließlich die Rechtsgeschichte inmitten aller anderen juristischen Disziplinen.

 

Dieses Buch mit den wichtigsten Schriften von Alfred Ohanowicz lässt jedes Kapitel mit einem Inhaltsverzeichnis beginnen und stellt dem Leser ein ausführliches Personen- und Sachverzeichnis zur Verfügung. Lehrbücher, Glossen und Rezensionen von Ohanowicz wurden dabei außen vor gelassen.

 

Für den deutschsprachigen Rechtshistoriker ist Alfred Ohanowicz deswegen von Bedeutung, weil er im damals zur Donaumonarchie gehörenden galizischen Lemberg studiert hatte, diese Studien später bei Kohler und Kipp fortsetzte und seit 1919 Professor in Posen war; insofern kann er heute als wahrhaft europäischer Zivilrechtler gesehen werden.

 

Münster                                                                                             Thomas Gergen