Kaiser Ludwig der Bayer. Konflikte, Weichenstellungen und Wahrnehmungen seiner Herrschaft, hg. v. Nehlsen, Hermann/Hermann, Hans-Georg (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte N. F. 22). Schöningh, Paderborn 2002. XII, 345 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Ludwig (IV.) der Bayer, in München vielleicht 1281 oder 1282 geboren, seit 1294 Herzog von Oberbayern und Pfalzgraf bei Rhein, wurde 1314 deutscher König und 1328 Kaiser. Nach 43jähriger Herrschaft starb er in Fürstenfeldbruck am 11. Oktober 1347. Der 650. Todestag 1997 bot Anlass für ein wissenschaftliches Kolloquium in den Mauern des säkularisierten - von Ludwigs Vater gestifteten - Zisterzienserklosters Fürstenfeld in Sichtweite des Todesortes, aus dem der Sammelband hervorgegangen ist.

 

Durch diese Veranstaltung ließ sich, wie die Veranstalter im kurzen Vorwort ausführen, das Bedürfnis wahrnehmen, nach den aufwendigen Hommagen für seine Luxemburger Widersacher, Karl IV. und Johann den Blinden, das zu Lasten des Wittelsbachers - durch dessen oft nur stiefmütterliche Behandlung seitens der überregionalen Forschung - gestörte wissenschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Leider vergingen aus unterschiedlichen Gründen bis zur eingeschränkten Drucklegung Jahre. Noch schmerzlicher ist die Erkenntnis, dass ein bekannter Historiker das Werk zur Rezension angenommen, aber seine Zusage nicht eingehalten hat, so dass der Herausgeber hilfsweise das Buch mit wenigen Bemerkungen wenigstens verspätet anzeigen muss.

 

Der mit einer Initiale, in welcher der Kaiser in Gestalt eines Adlers seine Gegner bezwingt, geschmückte Band enthält insgesamt neun Beiträge bekannter Forscher. Ein Teilnehmerverzeichnis führt die vielen zusätzlichen Moderatoren und Diskutanten auf. Ein Personenregister erschließt verdienstvollerweise die behandelten Persönlichkeiten.

 

Zum Einstieg bietet Hubert Glaser eine schwierige Erinnerung zum Kaisergrab in der Münchner Frauenkirche und andere Denkmäler Kaiser Ludwigs des Bayern. Jürgen Miethke schildert als besonderer Kenner den Kampf Ludwigs mit Papst und avignonesischer Kurie, Heinz Thomas die Beziehung zwischen Clemens VI. und Ludwig. Hans-Jürgen Becker behandelt das Kaisertum Ludwigs, Ivan Hlavácek das Verhältnis Johann von Luxemburgs und Ludwigs, woran sich eine Aussprache über die vier historischen Vorträge anschließt.

 

Danach untersucht Ernst Schubert Ludwig im Widerstreit der öffentlichen Meinung seiner Zeit, während sich Jean-Marie Moeglin mit dem Bild Ludwigs in der Geschichtsschreibung des Spätmittelalters befasst. Hans Schlosser legt die Strukturen des Rechtsbuchs Ludwigs von 1346 dar. Hermann Nehlsen dringt tief in die Rolle Ludwigs und seiner Berater im Tiroler Ehekonflikt ein, woran sich eine weitere Aussprache anschließt, die auch einen andernorts veröffentlichten Beitrag einbezieht.

 

Insgesamt erreicht der Band die angestrebte Zielsetzung in vorzüglicher Weise. Zusammen mit den 1997 veröffentlichten Referaten einer 1996 abgehaltenen Tagung zu Ludwig als Landesherrn weist das Werk eindrücklich auf den bayerischen Kaiser hin. Da sich Ludwig auch um das Recht verdient gemacht hat, ist der Beitrag der rechtshistorischen Herausgeber besonders wichtig.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler