Kästner, Karl-Hermann/Couzinet, Daniel, Der Rechtsstatus kirchlicher Stiftungen staatlichen
Rechts des 19. Jahrhunderts (= Jus Ecclesiasticum 82). Mohr (Siebeck), Tübingen
2008. XVI, 151 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit geht auf ein Rechtsgutachten des Tübinger, bei
Martin Heckel habilitierten Öffentlichrechtlers Karl-Hermann Kästner zurück,
das er im Juli 2007 im Auftrag der Diözese Rottenburg-Stuttgart zum
Rechtsstatus der Stiftung Liebenau erstattete. Zur Vorbereitung und zur
Umarbeitung dieser Stellungnahme hat Daniel Couzinet wesentlich beigetragen.
Deswegen ist das Ergebnis unter beider Namen veröffentlicht.
Die Untersuchung gliedert sich in zwei Teile. Zunächst
werden allgemein Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen der
kirchlichen Stiftung staatlichen Rechts geschildert. Danach wird die Stiftung
Liebenau als Beispiel erörtert.
Der erste Teil bestimmt zunächst die Stiftung, die
rechtsfähige Stiftung, die Stiftung staatlichen Rechts im Vergleich zur
Stiftung kirchlichen Rechts, die Stiftung öffentlichen Rechts im Verhältnis zur
Stiftung bürgerlichen Rechts, die öffentliche Stiftung und die private Stiftung
sowie schließlich die kirchliche Stiftung staatlichen Rechts. Danach wendet sie
sich der kirchlichen Stiftung im religionsverfassungsrechtlichen Sinne und der
kirchlichen Stiftung im Sinne des Stiftungsgesetzes für Baden-Württemberg zu.
Wegen der Rechtsfolge der kirchlichen Stiftungsaufsicht für die kirchliche
Stiftung im Sinne des Stiftungsgesetzes für Baden-Württemberg klärt sie die
Voraussetzungen einer kirchlichen Stiftung nach den §§ 29 I, 29 II und 22 Nr. 2
StiftG Baden-Württemberg.
Der zweite Teil wendet die dabei gewonnenen Ansichten auf (Schloss)
Liebenau an, das der ehemalige Rorschacher Realschullehrer und spätere
Tettnanger Kaplan Adolf Aich nach Scheitern der Modernisierung des Tettnanger
Spitals Sankt Johann 1870 für eine Stiftung erwarb. Diese Stiftung wurde zwar
nicht förmlich als juristische Person des kanonischen Rechts errichtet,
erfüllte jedoch durch eine kirchengerichtete Widmung des Stiftungsguts durch
den bzw. die Stifter, die Annahme des Stiftungsguts durch den kirchlichen
Oberen und die Bestätigung bzw. Approbation durch den zuständigen Bischof
(Josef Lipp 1868) die Voraussetzungen
der Errichtung einer kirchlichen Stiftung kanonischen Rechts nach
Maßgabe des in der Mitte des 19. Jahrhunderts geltenden Corpus iuris canonici. Die damit erlangte kanonische Rechtspersönlichkeit
ging nach Ansicht der Autoren auch nie verloren, so dass Liebenau im Zweifel
solange auch als kirchliche Stiftung staatlichen Rechts zu gelten habe, bis ein
etwaiger nichtkirchlicher Status nachgewiesen sei, wofür es gegenwärtig
keinerlei Anhaltspunkte gebe.
Damit ist in der die jüngere Stiftungsrechtsgeschichte
vertiefenden Untersuchung eine Entscheidung für die Relevanz der historischen
Rechtsgrundlagen für die nach heutigem Recht vorzunehmende Statusentscheidung,
in deren Vorfeld sich kirchliches Stiftungen in der Gegenwart ihres Status gern
einseitig entledigen wollen, getroffen. Abgesichert ist sie durch ein
Verzeichnis der zugrundegelegten einschlägigen Literatur. Erschlossen wird sie
durch ein von Achilles und Aich bis zum zweiten vatikanischen Konzil reichendes
Register.
Innsbruck Gerhard Köbler