Groni, Christian, Das Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben. Inhalt, Grenzen und Justitiabilität von Art. 15 (1) lit. a) des internationalen Paktes über wirtschaftliche und kulturelle Rechte (= Schriften zum öffentlichen, europäischen und internationalen Recht 21). Boorberg, Stuttgart 2008. 434 S. Besprochen von Dieter Kugelmann.
Die sorgfältig gearbeitete Dissertation widmet sich einem eher vernachlässigten Thema, den kulturellen Rechten im Völkerrecht. Grundlage der einschlägigen Gewährleistungen bildet zuvörderst der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966. Der Ansatz der Arbeit ist dezidiert juristisch, woraus Groni die Konsequenz zieht, politikwissenschaftliche und philosophische Diskussionen nur am Rande berücksichtigen zu wollen. Schon bei der Bestimmung des Kulturbegriffs erweist sich dies als schwieriges Unterfangen und letztlich als nicht restlos durchzuhalten, denn kaum ein Begriff ist so komplex wie der Begriff der Kultur. Auf internationaler Ebene treffen zudem nicht nur staatliche Herangehensweisen, sondern auch die Kulturverständnisse von Minderheiten, indigenen Völkern und sozialen Gruppen aufeinander. Ideologische Grabenkämpfe erschweren insoweit auch im Rahmen der Vereinten Nationen eine ruhige Erörterung der Rechtsvorschriften, wie sie Groni anstrebt.
Mit der Anwendung der klassischen Auslegungsmethoden gelingt es Groni, sich einem völkerrechtlichen Kulturbegriff so weit wie möglich anzunähern. Zur Beantwortung rechtlicher Fragen in der Anwendung und Auslegung des Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte müssen dessen Bestimmungen konkretisiert werden, insbesondere der Art. 15 Abs. 1 lit. a hinsichtlich des Rechts, am kulturellen Leben teilzunehmen. Diese Vorschrift steht im Mittelpunkt der Arbeit, an ihr exemplifiziert Groni präzise juristische Argumentationsarbeit. Dabei stützt er sich unter anderem auf die Tätigkeiten des für die Anwendung des Sozialpaktes gebildeten Ausschusses, in dem der Betreuer der Arbeit, Eibe Riedel, langjähriges Mitglied ist. Groni geht auf individuelle und auf kollektive Aspekte kultureller Rechte ein und berührt so Grundfragen der Menschenrechte. Zutreffend hält er an einem individualrechtlichen Grundansatz fest, der die individuelle Durchsetzung von Rechten umfasst, die einer Person in ihrer Eigenschaft als Angehöriger einer Gruppe zustehen. Darin liegen Parallelen zum Minderheitenschutz, bei dem regelmäßig nicht die Gruppe, aber der Gruppenangehörige Rechte geltend machen kann. Besonderen Wert legt Groni auf die Herausarbeitung von Fallgruppen, die unterschiedliche Gewichtungen unterschiedlicher Komponenten kultureller Rechte ermöglichen sollen. Aus diesen Differenzierungen leitet Groni Staatenverpflichtungen ab. Den Spielraum der Staaten zur Verwirklichung eines gesellschaftspolitischen Konzepts erkennt Groni an, allerdings führen einige seiner Ergebnisse durchaus zu Einengungen dieser Spielräume aufgrund der völkerrechtlichen Gewährleistung kultureller Rechte, wobei ein Schwerpunkt auf dem Zugangsaspekt liegt. Der Zugang zum kulturellen Leben wird weit verstanden. Groni trägt in verdienstvoller Weise umfassendes Abwägungsmaterial für eine Vielzahl von Problemen zusammen. Die Gedankenführung Gronis ist nachvollziehbar, seine Ergebnisse sind solide begründet. Im deutschen Sprachraum stellt die ausgezeichnete Arbeit Gronis seine wesentliche monographische Grundlage für alle weiteren Diskussionen über kulturelle Garantien des Völkerrecht dar.
Halberstadt Dieter Kugelmann