Gerichtslandschaft Altes Reich. Höchste Gerichtsbarkeit und territoriale Rechtsprechung, hg. v. Amend, Anja/Baumann, Anette/Wendehorst, Stephan/Westphal, Sigrid (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 52). Böhlau, Köln 2007. VII, 172 S.
Das Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit veranstaltet seit 1999 in regelmäßigen Abständen Nachwuchstagungen. Als deren Ergebnisse sind inzwischen Prozessakten als Quelle. Neue Ansätze zur Erforschung der höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich (2001), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (2003) und Prozesspraxis im alten Reich. Annäherungen – Fallstudien – Statistiken (2005) veröffentlicht. Aus den Referaten einer weiteren, von der Fritz Thyssen Stiftung finanzierten Tagung als insgesamt vierter Netzwerksitzung ist ein vierter, in der Drucklegung von der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung mit den Geldern des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst finanzierter, Michael Stolleis’ Geschichte des öffentlichen Rechts noch auf 2 Bände begrenzender Band hervorgegangen.
Er umfasst insgesamt neun Beiträge, Ihr einheitlicher Ausgangspunkt ist die Überlegung, das alte Reich bei aller Heterogenität auch als einen einheitlichen, entscheidend durch die beiden obersten Reichsgerichte konturierten Rechtsraum zu betrachten und eine entsprechende Begrifflichkeit dafür zu finden. Deshalb sollen verstärkt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gerichtsforen in den Blick genommen werden.
Im Einzelnen zeigt Anja Amend eingangs auf wenigen Seiten die Gerichtslandschaft altes Reich im Spiegel einer Wechselbürgschaft in der am Ende des 18. Jahrhunderts spielenden Sache Küchler gegen Bourne. Eva Ortlieb beschreibt die Formierung des Reichshofrats zwischen 1519 und 1564 im Rahmen eines Projekts der Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs in der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Eben diesen Reichshofrat als oberstes Justizorgan unter Karl V. und Ferdinand I. untersucht Markus Senn.
An Hand des bayerischen Adels des 16. Jahrhunderts macht Christian Wieland das Verhältnis reichsgerichtlicher Instanzen zur Ausbildung von Territorialherrschaft deutlich, wobei er die integrative Tendenz des Reiches als eines auch die Territorien überwölbenden Rechtsraums zu zeigen versucht. Volker Friedrich Drecktrah stellt an Hand der Biographie des Reichskammergerichtsassessors Anton Gerlach von Schwarzenfeld die Universalität der Reichsjuristen dar. Steffen Wunderlich gewährt mittels des Protokollbuchs des Reichskammergerichtsassessors Mathias Alber einen unmittelbaren Einblick in den Arbeitablauf am Gericht.
Ludolf Pelizaeus erörtert anHhand eines Totschlags in Laufenburg am Rhein grundsätzliche Zuständigkeitsfragen. Matthias Schnettger verfolgt die Zusammenarbeit zwischen Reichshofrat und Plenipotentiar in Italien im 18. Jahrhundert. Schließlich ermittelt Edgar Liebmann, wie die Bewertung der höchsten Gerichtsbarkeit des Reiches in der Geschichtsschreibung allmählich in günstigeres Licht gerückt wird.
Naturgemäß kann der Band insgesamt nur vorläufige Ergebnisse erbringen. Gleichwohl will er zu weiterer Beschäftigung mit der Konturierung des römisch-deutschen Reichs als durch die Reichsgerichtsbarkeit geprägten Rechtsraums anregen. Dies ist ihm trotz des Fehlens eines den Zugang erleichternden Registers sicherlich in beachtlicher Weise geglückt.
Innsbruck Gerhard Köbler