Ein Platz an der Sonne. Die Geschichte
der Kolonialreiche, hg. v. Aldrich, Robert. Theiss, Stuttgart 2008. 320
S., 250 Abb. Besprochen von Christoph Holtwisch.
Das hier vorgestellte Buch ist im
englischen Original im Jahr 2007 unter dem Titel „The Age of Empires“ bei
Thames & Hudson in London erschienen. Es richtet sich nicht in erster Linie
an das Fachpublikum, sondern an breitere Leserkreise, die ein Interesse an (weit
verstandener) Kolonialgeschichte mitbringen. Die Modalitäten und Zyklen von
Expansion und Schrumpfung werden ebenso untersucht wie die zugrunde liegenden
Ideologien und die – bis heute andauernden – Rückwirkungen auf die Kernstaaten.
Der Zugang zu diesem spannenden Themenkomplex wird erleichtert durch eine äußerst
leserfreundliche Gestaltung des großformatigen Buches mit nur knappen, im
Anhang untergebrachten Anmerkungen und Quellenhinweisen (die für ein
Fachpublikum nicht genügen würden). Positiv hervorzuheben sind zudem die zahlreichen
– farbigen und sehr gelungenen – Illustrationen. Fast jede Seite ist üppig bebildert,
teilweise füllen die Abbildungen und Karten ganze Doppelseiten. Man kann sich
dem Buch also nicht nur textlich, sondern auch optisch nähern.
Der konzeptionelle Aufbau des Buches ist
sicherlich nicht zwingend und eher konventionell, ermöglicht jedoch durch die
Einführung von Robert Aldrich einen schnellen Einstieg in die Thematik und durch
die sich anschließenden Kapitel zu den einzelnen Kolonialmächten eine Vertiefung
je nach Interesse: „Das Osmanische Reich – ein flexibler Vielvölkerstaat“ (Nicholas
Doumanis), „Spanien – der Ursprung des modernen Kolonialismus“ (Josep Fradera),
„Portugal – Aufbau eines Kolonialreiches in der Alten und Neuen Welt“ (Jill
Dias), „Die Niederlande – ein kleines Land mit imperialen Zielen“ (Ester
Captain/Guno Jones), „Skandinavien – Außenseiter des europäischen
Kolonialismus“ (Knud J. V. Jespersen), „England – das Imperium der guten
Absichten“ (Kirsten McKenzie), „Frankreich – der Kolonialismus und das
Mutterland“ (Jacques Frémeaux), „Rußland – vom Zarenreich zur Sowjetunion“
(Graeme Gill), „Österreich-Ungarn – die Erschaffung Mitteleuropas“ (Walter
Sauer), „Belgien: Der Kongo – Freistaat oder Herz der Finsternis?“ (Jean-Luc
Vellut), „Das Deutsche Reich – der Nachzügler“ (Joachim Zeller), „Italien – das
letzte Imperium“ (Irma Taddia) und „Die Vereinigten Staaten – Imperialismus als
Way of Life?“ (Frank Schuhmacher). Auch wenn geopolitische, ökonomische,
soziale und kulturelle Fragen in den einzelnen Beiträgen unterschiedliche Schwerpunkte
bilden, ist ihre gleichbleibend solide Qualität hervorzuheben.
Die Intention des – insgesamt höchst
gelungenen – Buches betont Robert Aldrich am Ende seiner Einführung: Es soll
„zur weiteren Diskussion der vielfältigen und faszinierenden Aspekte der
Kolonialzeit anregen. Ohne unangebrachte Nostalgie und ohne zornige und polemische
Verurteilung der imperialen Ziele wollen die Beiträge nicht so sehr
autoritative Schlussfolgerungen herbeiführen, als weitere Fragen aufwerfen. Auf
seine jeweils eigene Weise unterstreicht auch jedes Kapitel die Bedeutung der
kolonialen Vergangenheit für die postkoloniale Gegenwart in einer Zeit, in der
die Nachfahren der Kolonisten und Kolonisierten versuchen, jene Epoche zu
verstehen, die sie untrennbar miteinander verbindet. Das Erbe des Imperialismus
trägt auch weiterhin zur Veränderung sozialer und kultureller Strukturen bei,
zum Ausdruck nationaler Identität und Ideologien und zur Globalisierung, die
als besonderes Merkmal unserer Zeit gilt.“ Für einen umfassenden Einstieg in
das Thema Kolonialismus kann das besprochene Buch vollumfänglich empfohlen
werden.
Vreden Christoph
Holtwisch