Eibach, Joachim, Frankfurter Verhöre. Städtische Lebenswelten und Kriminalität im 18. Jahrhundert. Schöningh, Paderborn 2003. 464 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Helmut Berding, Diethelm Klippel, Friedrich Lenger, Günther Lottes und Peter Moraw begutachtete, vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Universität Gießen angenommene Habilitationsschrift des 1993 mit dem Staat vor Ort - Amtmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens in Konstanz promovierten, danach bei Günther Lottes wirkenden und sich gern der Diskurse im unprätentiösen 70er-Jahre Ambiente der Teppich-Mensa in Gießen erinnernden, derzeit als Assistenzprofessor in Bern tätigen Verfassers. Sie zeigt auf dem Umschlag einen Prospect außer der St. Catharinen-Pfort zu Franckfurth am Mayn (um 1750) mit der 1730 neu erbauten Hauptwache. Zwei Stadtpläne von 1770 und 1792 führen den überschaubaren Grundriss des untersuchten Ortes vor Augen.

 

In der Einleitung nähert sich der Verfasser seinem Thema auf dem Weg vom Galgen im Westen zur Hauptwache in der Mitte langsam an. Bei der Darstellung des Forschungsstandes macht er im Rahmen der seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika belebten Kriminalitätsgeschichte eine Lücke für Frankfurt aus. Sie versucht er mit Hilfe von 11000 Straffällen zwischen dem Anfang des 16. Jahrhunderts und dem Anfang des 19. Jahrhunderts zu schließen.

 

Dazu schildert er im zweiten Kapitel die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, wobei er mit einem Rundgang durch Frankfurt im 18. Jahrhundert beginnt. Danach wendet er sich den sozialen Strukturen und den Institutionen und ihrer Nutzung (Gerichte, Rechtsnormen und Verfahren) zu. Er stellt fest, dass zwei Drittel der Fälle von Eigentumsdelinquenz und Gewaltdelinquenz durch den Geschädigten und nur ein Zehntel durch das Sicherheitspersonal vor Gericht gebracht wurde und geht grundsätzlich für die Frankfurter Delinquenz im 18. Jahrhundert von zyklischen Entwicklungslinien aus.

 

Im Einzelnen beginnt er danach mit der zahlenmäßig nicht besonders gewichtigen Delinquenz gegen Obrigkeit und öffentliche Sicherheit, wobei er politische Konflikte und kleine Herausforderungen der Obrigkeit unterscheidet. Danach wendet er sich der Gewaltdelinquenz zu, für die er bei einem Durchschnitt von einem Mord und 13 Körperverletzungen pro Jahr einen deutlichen Rückgang am Ende seiner Untersuchungsperiode erkennt. Als eigentliche Form  der Kriminalität im 18. Jahrhundert ermittelt er die Eigentumsdelinquenz.

 

Insgesamt stellt er einleuchtend fest, dass Frankfurt, in dem 1765 der Schandesel, 1779 das Trillerhäuschen, 1806 der Galgen (wegen eines Feuerwerks) und 1812 der Rabenstein aufgegeben wurden, in der von ihm untersuchten Zeit kein Eldorado für Diebe und Betrüger darstellte, die peinlichen Strafen eher selten waren und die repressive Funktion der Strafjustiz vor allem fremde und mangelhaft integrierte Unterschichten betraf. Im Anhang bietet das mit der Wendung, die - auch durch das neue Kaffeehaus charakterisierte - Stadt des 18. Jahrhunderts habe den Nukleus der neuen bürgerlichen Welt gestellt, schließende, eigenständige Werk Tabellen, ein Verzeichnis der sechs verwendeten Abbildungen, ein Quellen- und Literaturverzeichnis, ein ausführliches Inhaltsverzeichnis und eine Danksagung. Ein Verzeichnis der vielleicht 400 behandelten Personen schließt seinen Inhalt von dort aus nützlich auf.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler