Cancik, Pascale,
Verwaltung und Öffentlichkeit in Preußen. Kommunikation durch Publikation und
Beteiligungsverfahren im Recht der Reformzeit (= Jus Publicum 171). Mohr
(Siebeck), Tübingen 2007. XVII, 507 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Michael Stolleis betreute
Habilitationsschrift der von Tübingen (Hans von Mangoldt) an das
Graduiertenkolleg Europäische antike und mittelalterliche Rechtsgeschichte,
neuzeitliche Rechtsgeschichte und juristische Zeitgeschichte in Frankfurt am
Main gelangten, zeitweise auch praktisch tätigen, inzwischen nach Osnabrück
berufenen Verfasserin. Sie geht davon aus, dass die modern-bürokratische
Verwaltung durch Offizialisierung, Zentralisierung und Verrechtlichung der
Verwaltungskommunikation geprägt ist. Dies führt sie darauf zurück, dass sich
im frühen 19. Jahrhundert die Publikation staatlichen Handelns durch die
Verwaltung erheblich veränderte und zugleich konkrete Verwaltungsverfahren entwickelt
wurden, innerhalb derer Verwaltungsinstanzen mit Bürgern auf besondere Weise
kommunizierten.
Gegliedert ist die Untersuchung in drei Teile. Der erste
Teil richtet dabei unter dem Schlagwort Verwaltung und Öffentlichkeit
rechtshistorische Fragen an das frühe 19. Jahrhundert. Die Vertiefung der
Fragestellung spitzt diese überzeugend auf Preußen zu, für das die Verfasserin
ihre Quellen beschreibt und dem Verhältnis von Verwaltung und Öffentlichkeit
als Thema des Öffentlichkeitsdiskurses der Zeit nachgeht.
Der zweite Teil befasst sich unter der Überschrift
veröffentlichende und veröffentlichte Verwaltung mit dem Publikationsrecht und
der Publikationspraxis. Besonderes Gewicht misst die Verfasserin dabei den
preußischen Amtsblättern als den Publikationen der Mittelinstanzen preußischer
Verwaltung zu. Dabei gelangt sie zu dem überzeugenden Ergebnis, dass mit der Einrichtung
der öffentlichen Blätter eine Verlagerung der Zuständigkeit für die Verteilung
von Recht von den Gerichten auf die Verwaltung stattfindet, so dass
Rechtsverwaltung nicht mehr nur Sache der Gerichte ist.
Der dritte Teil widmet sich der beteiligten und
beteiligenden Verwaltung und behandelt Beteiligungsrecht und
Beteiligungspraxis. Nach Klärung von Gegenstand und Fragestellung führt die
Verfasserin anschaulich in die Beteiligung im 18. und 19. Jahrhundert ein. An
Hand von Mühlen, Beteiligungsverfahren in anderen Rechtsbereichen und
Verkehrswegen klärt sie die Sachlage sorgfältig ab.
Im Ergebnis ermittelt sie, dass seit der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts Publizität das Publikum einbeziehen soll. Von entscheidender
Bedeutung für soziale und wirtschaftliche Entwicklungen erweist sie die
nichtgerichtliche Verwaltung. Zu Recht hebt sie besonders hervor, dass
Verwaltungsrecht dementsprechend sachlich bereits vorliegt, ehe es begrifflich
reflektiert und wissenschaftlich systematisiert wird.
Im Anhang bietet die interessante, weiterführende Studie 18
Quellen zu den Teilen 2 und 3 zwischen 1717 und 1816 bzw. 1800 und 1826/1839.
Ein von affichieren bis Wissenschaft und Technik reichendes Glossar bereichert
das erfreuliche Werk ebenso wie ein mehr als fünfzig Seiten umfassendes
Quellenverzeichnis und Literaturverzeichnis. Den Beschluss bilden
Personenregister, Ortsregister und Sachregister (von Abgabe bis Zuständigkeit).
Innsbruck Gerhard
Köbler