Arnold, Martin, Pressefreiheit und Zensur im Baden des Vormärz. Im Spannungsfeld zwischen Bundestreue und Liberalismus (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 1 Allgemeine Reihe 15. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003. XX, 286 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Ulrich Eisenhardt betreute Hagener Dissertation des Verfassers, die ein Rezensent trotz Zusage im Jahre 2004 bisher nicht besprechen konnte, so dass der Herausgeber hilfsweise mit einigen Worten eintreten muss. Sie geht von den fünf Grundrechten des Artikels 5 I des deutschen Grundgesetzes aus (Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Rundfunkberichterstattungsfreiheit und Filmerichterstattungsfreiheit). Sie will deren Entwicklung in Baden im Vormärz näher beleuchten.
Dazu beginnt der Verfasser nach einer kurzen Einführung mit Begriffsbestimmungen. Zunächst erläutert er Presse, Einschränkungen der Presse und Pressefreiheit Danach erklärt er den Vormärz, um dann einen Überblick über die Geschichte Badens zu bieten.
Im zweiten Teil verfolgt er die Zensur in Baden bis 1815, wobei er die kurbadische Bücherzensurordnung von 1803 in den Mittelpunkt stellt. Dann erörtert er Zensur, Pressefreiheit und Verfassungsrecht nach Artikel 18d der Deutschen Bundesakte von 1815 und nach der badischen Verfassung. Hier greift er auf die Entwürfe ab 1808 und die Verfassung von 1818 zurück.
Sehr ausführlich untersucht er dann Gesetze, Inhalts- und Ausführungsbestimmungen über Pressefreiheit und Zensur zwischen 1818 und 1848. Nach einander handelt er das Gesetz über die provisorischen Bestimmungen hinsichtlich der Freiheit der Presse von 1819 (Karlsbader Beschlüsse) und ihre Ausführung, die badische Zensurordnung vom 5. November 1819, das Zensuredikt vom 1. Februar 1821, die Erneuerung des Bundes-Pressegesetzes und seine weiteren Einschärfungen, das badische Pressegesetz von 1832, die Wiener Beschlüsse von 1834 und ihre Umsetzung sowie die Instruktionen für die Zensoren vom 4. Januar 1840 ab. Am Ende steht die Rekonstitution des badischen Pressegesetzes am 29. Februar 1848 samt der Phase nach der Revolution.
Im fünften Teil schildert er die Handhabung der Zensur, wobei er die Arbeit der Zensoren an Hand zweier Beispiele in Konstanz und eines Beispiels in Mannheim genau betrachtet und auch Möglichkeiten der Umgehung darlegt. Im sechsten Teil geht er auf den Einfluss politischer und gesellschaftlicher Ereignisse auf die Gesetzeslage und den Einfluss der Gesetzgebung und Zensur auf die Zeitungslandschaft in Baden ein. Einen besonderen Exkurs räumt er dem Verhältnis von Katholizismus und Publizistik ein.
Im Ergebnis bejaht er einen deutschen Sonderweg gegenüber Großbritannien, den Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreich. Demnach hat die Pressefreiheit auf deutschem Boden keine lange Tradition und musste in ihrer Entstehung um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit beträchtlichen Geburtswehen kämpfen, die am Beispiel Badens deutlich sichtbar sind. Nach seiner Erkenntnis hat die seit den 1830er Jahren liberal agierende badische Regierung mit ihren Bemühungen, der politischen Presse einen gewissen Freiraum zu schaffen und zu erhalten, Radikalisierung und Repression beschleunigt und den Weg zur Revolution geebnet.
Innsbruck Gerhard
Köbler