Schweitzer, Julia, Schiffer und Schiffsmann in den Rôles d’Oléron und im Llibre del Consolat de Mar. Ein Vergleich zweier mittelalterlicher Seerechtsquellen. Lang, Frankfurt am Main 2006. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Albrecht Cordes angeregte und betreute Dissertation der an romanischen Sprachen besonders interessierten, in das Frankfurter Graduiertenkolleg und seine Förderungsmöglichkeiten aufgenommenen Verfasserin. Ihr geht es um das Rechtsverhältnis zwischen dem Schiffer und seinen Schiffsleuten im mittelalterlichen Seerecht. Dieses versucht sie in zwei besonders bedeutenden mittelalterlichen Quellen durch eindringliche Untersuchung zu ermitteln.
Dazu führt sie ausführlich in den Untersuchungsgegenstand ein. Dabei weist sie darauf hin, dass der Vergleich der beiden Rechtsquellen nicht grundsätzlich neu ist. Da aber eine Überprüfung der besonderen Beziehungen zwischen Schiffer und Schiffmann in den beiden Texten noch nicht vorgenommen wurde, besteht in der Literatur eine Forschungslücke, die sie zu schließen versucht.
Ergebnis ihrer Untersuchung soll eine Antwort auf die Frage sein, wie das Seerecht in beiden Quellen ausgestaltet ist. Dazu will die Verfasserin die häufig vertretene These überprüfen, dass die beiden Quellen trotz großer Unterschiede in Herkunft, Umfang und Aufbau teilweise nahezu identische Regelungen enthalten. Insbesondere will sie in diesem Zusammenhang klären, ob das jüngere, in einer ersten Redaktion in Barcelona um 1350 greifbare Llibre del Consolat de Mar durch die Rôles d’Oléron aus der Mitte des 13. Jahrhunderts beeinflusst wurden.
Im zweiten Teil der Arbeit untersucht die Verfasserin die Rechtsbeziehungen zwischen dem Schiffer und den Schiffsleuten in den beiden Quellen. Dabei beginnt sie mit der Begründung des Heuerverhältnisses, geht dann zur Beendigung des Heuerverhältnisses über und stellt danach die Pflichten des Schiffsmanns den Pflichten des Schiffers gegenüber. Einleuchtend sondert sie Schiffsgericht und Schiffsrat von diesem Zweipersoenenverhältnis ab.
Im dritten Teil fasst sie ihre zahlreichen einzelnen Ergebnis zusammen. Der Vergleich zeigt gewisse Parallelen, aber auch große Unterschiede. Überzeugend vertritt sie den Standpunkt, dass der Nachweis von Übernahmen der älteren Quelle durch die neuere Quelle nicht zu führen ist, die Gemeinsamkeiten vielleicht eher durch allgemeine Grundsätze des Seerechts vermittelt werden.
Innsbruck Gerhard Köbler