Schon, Karl-Georg, Die Capitula Angilramni. Eine prozessrechtliche Fälschung Pseudoisidors (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 39). XX, 198 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Aus griechischen und lateinischen Kanones und römischen Synoden sowie Dekreten der römischen Bischöfe und Kaiser sind – nach ihren Eingangszeilen – die Kapitel zusammengesetzt, die Papst Hadrian (772-795) in Rom am 19. 9. 786 Bischof Angilram von Metz (768-791) übergeben haben soll. Diese 71 Kapitel umfassenden Capitula Angilramni sind die erfolgreichste Fälschung der kirchlichen Rechtsgeschichte. Deshalb bildet in der bisher als desolat beschriebenen Editionslage der pseudoisidorischen Fälschungen die Untersuchung und Edition dieses meistzitierten Stückes einen wichtigen Schritt zu mehr Transparenz.

 

In seiner Einleitung bietet der Verfasser einen kurzen klaren Überblick über die zwischen 847 und 852 zuerst in der Kirchenprovinz Reims auftauchenden kirchenrechtlichen Texte, die als falsche Dekretalen Pseudoisidors, Capitula Angilramni und Kapitulariensammlung des Benedictus Levita bekannt sind und durch die Hispana Gallica Augustodunenis, Nonnullae sanctiones sparsim collectae actionis primae sancti et magni Chalcedonensis concilii und die Collectio Danieliana ergänzt werden. Sie sind nach den Forschungen Zechiel-Eckes’ im Kloster Corbie entstanden. Sie zielten vor allem auf eine Stärkung der Stellung der Bischöfe gegenüber den Erzbischöfen.

 

In diesem Zusammenhang weist der Verfasser darauf hin, dass die Fälscher vermutlich mindestens teilweise nicht mit den vollständigen Quellen, sondern mit eigens angefertigten, zum Teil auch bereits verfälschten Exzerptreihen gearbeitet haben dürften. Er äußert dabei die Vermutung, dass Pseudoisidor sein Material in mehreren Bibliotheken zusammengesucht hat. In diesen Bibliotheken wären dann die betreffenden Exzerptreihen angefertigt worden, die von den Fälschern teils unmittelbar, teils in kunstvoller Verschränkung in die Fälschungen aufgenommen wurden.

 

Im Anschluss an diesen Überblick stellt der Verfasser den Prozess gegen einen Bischof nach den Capitula Angilramni dar und erkennt auf dieser Grundlage in den Capitula eher eine Prozessverhinderungsordnung als eine Prozessordnung. Danach beschreibt er die Überlieferung, in der die Capitula Angilramni einen Bestandteil der falschen Dekretalen bilden, wobei er für die 61 einbezogenen Handschriften fünf Handschriftenklassen unterscheidet, zu denen noch zwei den ältesten Text der Capitula Angilramni in singulärer Fassung überliefernde Handschriften (Bern, Burgerbibliothek 442, Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz 1764) kommen,. Hierauf gründet er die Wirkungsgeschichte der Capitula Angilramni in rund 20 Sammlungen, beginnend mit der ersten unbezweifelbaren Benutzung für den August des Jahres 871, und die Editionsgeschichte seit der Erstedition in Köln 1551.

 

Hieran schließt er die Edition an, der vielleicht doch auch eine digitalisierte Fassung beigegeben hätte werden können. Beigefügt ist eine deutsche Übersetzung. Der Anhang bietet ein Register mit Initienverzeichnis, ein Verzeichnis der Quellen und der Parallelfälschungen und ein von Veronika Lukas verfasstes, auf die Seitenzahlen der Edition bezogenes Wortregister mit knapp 500 Stichwörtern.

 

Innsbrucl                                                                                            Gerhard Köbler