Römermann, Martin Klaus, Kündigungen und Kündigungsschutz im Franquismus (= Rechtshistorische Reihe 344). Lang, Frankfurt am Main 2007. 187 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Eine Arbeit über das spanische Arbeitsrecht unter Franco – ein Forschungsgebiet, das sich in Spanien erst in Anfängen befindet – verspricht auch rechtsvergleichend wichtige Aufschlüsse über die Steuerung des Arbeitsmarkts und des Arbeitsrechts im Europa der Diktaturen und autoritären Regime des 20. Jahrhunderts. Auch wenn sich Römermann in seiner Arbeit auf die Kündigung und den Kündigungsschutz im spanischen Recht zwischen 1936 und 1975 beschränkt, kommen gleichwohl grundlegende Fragen des Arbeitsrechts, insbesondere dessen Ideologie- und Systemabhängigkeit sowie dessen gesteigerte soziale Relevanz zur Sprache. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte der Zweiten Republik bis zur Machtergreifung Francos (S. 31ff.) behandelt Römermann mit dem Fuero del Trabajo von 1938, der nach anfänglichem Streit über dessen Rechtsnatur seit 1947 als Verfassung des Arbeitsrechts bzw. Norm mit Verfassungsrang galt (S. 60ff.). Der Fuero del Trabajo definierte den Wert der Arbeit und deren Bedeutung. Er erteilte dem „Klassenkampf“ sowie der „kapitalistischen Ausbeutung des Arbeitnehmers“ eine Absage und ersetzte die liberale Wirtschaftsordnung durch die sog. nationalsyndikalistische Ordnung. Die Syndikate umfassten die einzelnen Wirtschaftszweige; sie wurden hierarchisch von Funktionären der Falange geführt und staatlich strikt überwacht. Allein der Staat hatte das Recht, die Arbeitsbedingungen festzulegen und durch sog. Reglementaciones (Verordnungen) näher auszugestalten. Die gesetzlichen Grundlagen des Fuero del Trabajo Nacional, der ein Recht auf Arbeit, aber auch deren Pflichtcharakter herausstellte, sind zu sehen im Syndikalismus (als Antithese zu liberalen und sozialistischen Staatsverfassungen), in der katholischen Soziallehre (ohne allerdings deren Subsidiaritätsprinzip zu beachten) und im Einfluss des italienischen, deutschen und portugiesischen Arbeitsrechts (Carta del Lavoro von 1927, Arbeitsordnungsgesetz von 1934 und Estatuto do Trabalho von 1933; S. 49ff., 55ff.).

 

Das Kündigungsrecht war im Ley de Contrato de Trabajo von 1931 geregelt, wurde jedoch durch Verordnungen grundlegend umgestaltet. Zunächst musste allen Regimegegnern unter Ausschluss „jeglicher Rechtswege“ (S. 71) gekündigt werden. Zahlreiche Frauen verloren zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung automatisch ihre Arbeit (S. 71f.). Das durch Verordnungen umgeformte Kündigungsrecht diente nicht nur der totalen Kontrolle und Steuerung der Wirtschaft, sondern wirkte durch die „Einbeziehung des Privatlebens in den Arbeitszusammenhang auch als politisches Repressionsinstrument“ (S. 186). Die Kündigung wegen Stilllegung eines Betriebes bedurfte der staatlichen Genehmigung und hatte Abfindungen zur Folge, deren Höhe durch die 1940 neu geschaffenen Arbeitsgerichte festgelegt wurde. Diese waren erst ab 1962 auch für kollektivrechtliche Interessenkonflikte zuständig (S. 152ff.). Der Kündigung aus disziplinarischen Gründen (zu den einzelnen Tatbeständen wie Ungehorsam, Gebrauch von Schimpfwörtern oder fehlendem Respekt vgl. S. 101ff.) ging ein Vermittlungs- bzw. Genehmigungsverfahren voraus, bevor hierüber gegebenenfalls das Gericht entscheiden konnte. Das Abfindungssystem war im Übrigen lange Zeit ein Einfallstor zur Umgehung des Kündigungsschutzes (S. 128f.). Die Liberalisierung der Wirtschaft seit 1957 führte zur Erweiterung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit und zur Abschaffung des Vorverfahrens für die disziplinarische Kündigung. Die von Römermann auch für die Reformzeit untersuchte Judikatur zum Kündigungsrecht diente mit einem contra legem geschaffenen Kündigungsgrund (S. 181) dazu, die zunehmende Organisierung der Arbeiterschaft zu unterbinden.

 

Nützlich wäre es gewesen, wenn Römermann die wichtigsten Bestimmungen des Kündigungsrechts im Anhang in vollem Wortlaut gebracht hätte. Im Spanien der Francozeit erlebten religiöse Komponenten, allerdings verbunden mit totalitären Denkmustern, eine Wiederauferstehung. Aus diesem Grunde wäre ein detaillierterer Vergleich des spanischen Modells des Korporatismus mit dem portugiesischen Modell aufschlussreich gewesen. Dies gilt auch für einen Vergleich des spanischen Kündigungsrechts mit dem deutschen und italienischen Recht der 30er Jahre. Ein Überblick über die weitere Entwicklung seit 1975 fehlt (hierzu Christopher Kasten, Spanisches Arbeitsrecht im Umbruch. Von der Franco-Diktatur zur Demokratie, 1999, S. 110ff.). Insgesamt liegt mit dem Werk Römermanns ein informativer Beitrag zum Arbeitsrecht im „Europa der Diktaturen“ (zu diesem Forschungsgebiet vgl. D. Gosewinkel, Wirtschaftskontrolle und Recht in der nationalsozialistischen Diktatur, 2005, S. IXff.), auf dem weitere, Länder übergreifende Arbeiten aufbauen können.

 

Kiel

Werner Schubert