Jasper, Detlef/Fuhrmann, Horst, Papal Letters
in the Early Middle Ages (= History of Medieval Canon Law). Catholic University
of America Press, Washington 2001. XIII, 225 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wenn ein Sachkenner eine Rezension vorschlägt, der Verlag aber jahrelang nicht liefert und der Sachkenner nach der Lieferung von seinem Vorschlag zurücktritt und eine Stellvertreterin empfiehlt und diese zwar die Aufgabe übernimmt, aber jahrelang trotz regelmäßiger Erinnerungen nicht erfüllt, muss der Herausgeber im Interesse der Betroffenen (Verlag, Verfasser, Leser) trotz ungebührlicher Verspätung selbst einige Zeilen über ein wichtiges und interessantes Werk verfassen. Dieses gehört in den erlesenen Rahmen der von Wilfried Hartmann und Kenneth Pennington herausgegebenen History of medieval canon law. Sie beginnt mit Lotte Kérys Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400-1140) – A Bibliographical Guide to the Manuscripts and Literature (1999) und strebt am Ende einen bibliographisch derzeit nicht nachweisbaren Guide to Medieval Canon Law Jurists and Collections für die Zeit zwischen 1140 und 1500 an, ein Werk, das eine kanonistische Parallele zu dem von Hermann Lange und Maximiliane Kriechbaum veröffentlichten Römischen Recht im Mittelalter bieten könnte.
Der vorliegende Band gliedert sich in etwa zwei gleichgewichtige Teile. Zunächst behandelt Detlev Jasper, Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica, nach Vorbemerkungen über die Anfänge der Dekretalentradition vom Beginn der päpstlichen Briefe bis zu Papst Stephan V. die päpstlichen Briefe und Dekretalen bis zu Papst Gregor dem Großen (604). Daran schließen sich die päpstlichen Briefe der merowingischen und karolingischen Periode an.
Der erste Teil setzt mit der Überlieferung und Aufnahme der Dekretalen und Briefe von Siricius (384-399) bis Sixtus III. (432-440) ein. Dabei wird als erste päpstliche Dekretale der technisch als Reskript eingestufte Brief Siricius’ an Bischof Himerius von Tarragona vom 10. Februar 385 anerkannt. Früheste Dekretalensammlungen sind Canones urbicani und Epistolae decretales. Bei den Päpsten Innozenz I und Coelestin I. (422-432) geht es aber noch vorwiegend um einzelne Briefe.
Dichter wird die Überlieferung mit Papst Leo I. (440-461). Einen spätantiken Höhepunkt bildet Gregor I. Sammlungen von Papstbriefen sind dann die Collectio ecclesiae Thessalonicensis, Collectio Avellana und Liber auctoritatum ecclesiae Arelatensis.
Der zweite Teil gliedert sich in sieben kurze Abschnitte. Er betrifft die päpstlichen Briefe des siebten Jahrhunderts, den Briefwechsel mit Bonifatius, die päpstlichen Briefe von etwa 750 bis etwa 850 und die Briefe Leos IV., Nikolaus’ I., Hadrians II. Johannes’ VIII und Stephans V. Am Ende legt der Bearbeiter sein Ergebnis vor, das vor allem darin besteht, dass aus der Zeit von Bonifaz IV. (608-615) bis Stephan IV. nur die Briefe Nikolaus’ I. (858-867) einen beachtlichen Platz in den kanonistischen Sammlungen (222 Texte) und in Gratians Dekret (116 Texte) gefunden haben. Im Anschluss hieran bietet Horst Fuhrmann einen zusammenfassenden Überblick über the pseudo-isidorian forgeries, ehe eine Auswahlbibliographie, ein Handschriftenverzeichnis und ein Register (Index) den auch für den Germanisten sehr aufschlussreichen Band beschließen.
Innsbruck Gerhard Köbler