Deutsche
Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1547/48,
Teilbände 1, 2, 3, bearb. v. Machoczek, Ursula (= Deutsche
Reichstagsakten, Jüngere Reihe 18). Oldenbourg, München 2006. 1-996, 997-1995,
1997-2760 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Mit vorliegender Aktenedition zum „Geharnischten“ Reichstag von 1547/48 konnte nun einer der wichtigsten Reichstage der Regierungszeit Karls V. abgedeckt werden. Zuletzt waren die Akten der Reichstage von Speyer 1542, von Worms 1545, von Regensburg 1546 und von Augsburg 1550/51 ediert worden (Bände 12, 16, 17 und 19 der Reichstagsakten der „Jüngeren Reihe“, Rezensionen in ZRG GA 121, S. 734-737; 121, S. ##). Einzelne Bände der Jüngeren Reihe stehen freilich immer noch aus, so die Bände 5, 6, 9, 11, 14 und 20 (für die Reichstage der Jahre 1525, 1526, 1530, 1541, 1543 und 1555), die meisten von ihnen aber sind in der Bearbeitung bereits weit fortgeschritten.
Seit jeher hatte der Reichstag von 1547/48 einen besonderen Platz in der deutschen Geschichtsschreibung, da mit ihm der Kaiser einen Höhepunkt seiner Macht erreicht hatte. Sein Sieg im Schmalkaldischen Krieg gegen die Protestanten schien diese als politische Macht auszuschalten; die Stellung der Reichsstände war geschwächt und der Weg zu einem unumschränkten Kaisertum schien vorgezeichnet. Nun konnten Reformvorhaben energischer als bisher vorangetrieben werden, auch wenn der große Plan eines Reichsbundes schon vor dem Reichstag gescheitert war. Beispiele für Reformvorhaben sind die Neufassung der Reichskammergerichtsordnung, eine neue Reichspoliceyordnung und ein Landfrieden; die Neuordnung der Reichsmatrikel und die Verabschiedung einer Reichsmünzordnung gelangen allerdings nicht. Mit dem „Interim“ und der „formula reformationis“ versuchte der Kaiser darüber hinaus, in Stellvertretung des Konzils der Religionseinheit in katholischem Sinne näher zu kommen und die innerkirchliche Reform voranzutreiben. Dass sich viele der Erfolg als kurzlebig erwiesen, und dass sich der Widerstand der Stände sehr bald organisierte, war in Augsburg so noch nicht vorauszusehen.
Über den Verlauf des Reichstages, dessen politische Hintergründe und die behandelten Materien, aber auch über ihre Quellen und Bearbeitungsgrundlagen, gibt die Bearbeiterin in einer ausführlichen Einleitung Auskunft. Den Rechtshistoriker interessieren freilich weniger die politischen Umstände, die hinter den Verhandlungen standen, sondern mehr die Inhalte der Debatten und deren normative Ergebnisse. Hierzu bieten die drei hier vorzustellenden Teilbände wieder reichhaltiges Quellenmaterial, das in systematisch geordneter Form dargeboten wird. Dabei orientiert sich die Bearbeiterin ganz an den Vorgaben der bereits publizierten Bände der „Jüngeren Reihe“, so dass diesbezüglich auf die früheren Rezensionen verwiesen werden kann.
In einem ersten Kapitel werden zunächst die Aktenstücke zur Vorbereitung des Reichstags geboten, zumeist in wörtlichem Abdruck, hie und da mit leichten Kürzungen. Der Vorbereitung dienten auch noch die unter Punkte 2 zusammengestellten Instruktionen des Hauses Habsburg, der Kurfürsten, der geistlichen und weltlichen Fürsten und der Reichsstädte. Das gleiche gilt für die Quartiergesuche und die Reichstagsordnungen, die im dritten und vierten Unterkapitel erscheinen. Das zweite Kapitel der Edition ist der Eröffnung des Reichstags und den Propositionsverhandlungen gewidmet. Im dritten sind die Protokolle des Reichstags abgedruckt und das vierte Kapitel enthält die Stellungnahmen und Vorschläge zur Landfriedensordnung, die schließlich mit Abschied vom 30. Juni 1548 zustande kam. Die für den Rechtshistoriker wohl wichtigsten Texte sind im zweiten Teilband enthalten. Hier geht es (Kapitel V) um die Reichskammergerichtsordnung. Geboten werden dazu die Entwürfe, Ausschussprotokolle, gutachtliche Stellungnahmen und Suppliken, aber auch um die Verhandlungen über den Unterhalt des Kammergerichts. Im Zentrum des Interesses steht natürlich der Abdruck der verabschiedeten Kammergerichtsordnung von 1548 Juni 30, die bekanntlich im wesentlichen unverändert in die am 25. September 1555 in Augsburg verkündete Ordnung übernommen wurde. Ebenfalls im zweiten Teilband sind die Verhandlungen zum Erlass einer erneuerten Reichsmatrikel enthalten (Kapitel VI), die für die Reformationsgeschichte wichtigen Verhandlungen zum Erlass des Interims und der „formula reformationis“ (Kapitel VII). Der dritte Teilband ist der (gescheiterten) Reichsmünzordnung (Kapitel VIII), der am 30. Juni 1548 erlassenen Reichspoliceyordnung (Kaitel IX) und schließlich dem Burgundischen Vertrag (verabschiedet am 26. Juni 1548, Kapitel X) gewidmet. Hinzu kommen die Reichstagsdiskussionen um Vorrat und Baugeld (Kapitel XI), um die an den Reichstags gelangten Supplikationen der Reichsstädte (Kapitel XII). In Kapitel XIII (Varia) sind Streitigkeiten um Stimme, Stand und Session, um das Reichsvikariat, um die alternierende Kurwürde im Haus Wittelsbach, um den bayerischen Kanzler Leonhard von Eck, um die Folgen des Schmalkaldischen Krieges, um ein kaiserliches Mandat gegen fremde Kriegsdienste, um die Kostenerstattung für das Winterlager von 1542, um Reichsmarschall Wolfgang von Pappenheim, um Stubenwart Hans Schwarzenburger, um den Judenvorgänger Josel von Rosheim (Supplik von 1548 Juni 22) und um das Verhältnis zwischen Polen und dem Deutschen Orden durch einzelne Aktenstücke belegt. Kapitel XIV bietet eine Liste der einschlägigen Korrespondenzen (auf die selbst aber nur hingewiesen wird, die aber nicht abgedruckt wurden) und Kapitel XV schließlich ist der Beendigung des Reichstags gewidmet.
Dem dritten Teilband ist ein Register der Personennamen und Ortsnamen angefügt. Auf die Erfassung von Sachbegriffen wurde – wie bei den bisherigen Bänden der Reichstagsakten – verzichtet – zum Nachteil der rechts- und verfassungshistorischen Forschung. Des ungeachtet reiht sich diese umfangreiche Publikation in die Reihe der großen Akteneditionen für das ‚lange’ sechzehnte Jahrhundert ein, durch die nun die Einzelschritte auf dem Wege zur Modernisierung Mitteleuropas klarer als bisher nachvollzogen werden können.
Darmstadt J. Friedrich Battenberg