Deutsche Reichstagsakten. Reichsversammlungen 1556-1662. Der Reichstag zur Regensburg 1567 und der Reichskreistag zu Erfurt 1567, bearb. v. Wagner, Wolfgang/Strohmeyer, Arno/Leeb, Josef Oldenbourg, München 2007. 772 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.

 

Wenn einmal die Gesamtreihe der „Deutschen Reichstagsakten“ vollendet sein wird, werden nahezu dreihundert Jahre Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches erfasst sein, von der Zeit der Luxemburger ab König Wenzel bis in die Zeit des Habsburgers Leopolds I. hinein. Es ist dies ein Zeitraum, in dem sich aus dem königlichen Hoftag heraus so etwas wie eine ständige Reichsversammlung herausbildete, die seit dem späteren 15. Jahrhundert festere Konturen annahm und bis über den Dreißigjährigen Krieg hinaus als eine Versammlung der Vornehmsten des Reiches an wechselnden Orten zusammentrat. Erst auf der Grundlage des Westfälischen Friedens und normiert durch den Jüngsten Reichsabschied von 1654 setzte ein Wandlungsprozess ein, der den nunmehr auf den Tagungsort Regensburg konzentrierten Reichstag zu einer Delegiertenversammlung werden ließ.

 

Im ursprünglichen Editionsplan waren die letzten hundert Jahre nach der Regierungszeit Karls V. nicht erfasst. Die ältere, die Zeit bis Kaiser Friedrich III. erfassend, die mittlere und jüngere Reihe für die Regierungszeiten der Kaiser Maximilian I. und Karl V. waren stets als abschließendes Editionswerk gedacht, das eine Erweiterung eigentlich nicht vorsah. Dennoch ist auf das unermüdliche Betreiben Heinz Angermeiers hin eine Fortsetzungsreihe für die Jahre 1556 bis 1662 zustande gekommen, für die erstmals 1988 ein Band über die Akten des Reichstags von Speyer von 1570 erscheinen konnte (Rezension ZRG GA 106, 1989, S. 448-450). Ihm folgten 1994 Bände zum Wormser Reichsdeputationstag von 1586 (Rezension ZRG GA 113, 1996, S. 519f.), 1999 zum Kurfürstentag von Frankfurt 1558 und zum Reichstag von Augsburg 1559 (Rezension ZRG GA 117, 2000) und schließlich 2002 zum Reichstag von Augsburg von 1566 (Rezension ZRG GA 120, 2003). Damit konnten immerhin in einem Zeitraum von 20 Jahren neun Bände bzw. Teilbände dieser „jüngsten“ Reihe erscheinen.

 

Die beiden hier angesprochenen Reichsversammlungen des Jahres 1567 trafen keine weit reichenden Entscheidungen, wie noch der Reichstag zu Augsburg 1566; aber auch ihre Verhandlungen machten den Konsolidierungsprozess des Reiches zu Beginn der Regierung Kaiser Maximilians II. sichtbar. Sie waren wie die dicht aufeinander folgenden Reichs- und Kreisversammlungen seit dem Reichsdeputationstag von 1564 von dem Willen getragen, den Friedens- und Rechtsverband auf Reichs- und Kreisebene zu festigen. Der Regensburger Tag von 1567 beschäftigt sich mit der Aufbringung der 1566 bewilligten Türkensteuer und der reichsrechtlichen Bewertung der Gothaer Exekution. Mit den gleichen Problemen der Steuer hatte sich auch der Erfurter Reichskreistag zu befassen. Was aber für den Historiker der politischen Reichsgeschichte wegen begrenzter Folgen für die Geschichte eine eher marginale Bedeutung hat, ist für den Verfassungshistoriker von umso größerem Reiz: Und das Verfahren der Exekution der Reichsacht gegen Wilhelm von Grumbach rückt zudem ein rechtshistorisches Problem in den Mittelpunkt, das immer wieder zum Zankapfel zwischen Kaiser und Fürsten wurde.

 

Wie schon die anderen Bände der Reichstagsaktenedition (vgl. die Rezension zu den Akten des „Geharnischten Reichstags“ von 1547/48, in diesem Band) zeichnet sich auch der vorliegende Band durch zuverlässige Texte und eine gründliche Einführung in die Thematik und die Hintergründe aus. Die über 40 Seiten umfassende Einleitung berichtet über den Gang der Ereignisse: über die Vorgeschichte des Regensburger Tags, den Verlauf des Türkenfeldzugs von 1566 und 1567, über das Achtverfahren gegen Wilhelm von Grumbach, dann die eigentliche Vorbereitung des Reichstags mit den Instruktionen der Reichsstände. Ebenso wird der Erfurter Reichskreistag nach seiner Vorgeschichte und seinem Verlauf dargestellt, und zwar unter detaillierter Benennung der aktuellen Verhandlungsgegenstände. Die im Wortlaut edierten, teilweise auch inhaltlich zusammenfassend wiedergegebenen Texte sind sachthematisch gegliedert. Hinsichtlich des Regensburger Reichstags finden sich zunächst die kaiserliche Proposition, die Protokolle des Kurfürstenrats, des Fürstenrats und des Städterats, dann die eigentlichen Verhandlungsakten, die eingegangenen Supplikationen und schließlich der Reichsabschied vom 12. Mai 1567, in dem es namentlich um die Besteuerung der Reichsstände, die Türkenhilfe und das Achtverfahren gegen Grumbach geht. Die Akten der Erfurter Kreistagsverhandlungen enthalten ebenfalls Propositionen des Kaisers, ein Verhandlungsprotokoll, Einzelakten zu den Verhandlungen, einen Bericht des Kaisers über den Türkenfeldzug von 1566 sowie Rechnungen zum Achtverfahren und unterschiedliche Supplikationen. Der Abschied des Reichskreistages vom 27. September 1567 beschäftigt sich gleichfalls mit dem Reichsachtverfahren und der Türkenhilfe, aber auch mit Maßnahmen gegen die weitere Verbreitung von Schmähschriften und deren Urheber.

 

Durch ein umfassendes Register werden neben Orten und Personen auch Sachbegriffe erfasst. Dies macht den Band insbesondere für die rechtshistorische Forschung gut benutzbar.

 

Darmstadt                                                                                          J. Friedrich Battenberg