Anglo-American Legal Tradition Project http://aalt.law.uh.edu Besprochen von Susanne Jenks.

 

Angezeigt werden soll das Anglo-American Legal Tradition Projekt (kurz: AALT¸ http://aalt.law.uh.edu), das von Robert Palmer, Cullon Professor für Geschichte und Recht an der Universität von Houston, ins Leben gerufen wurde und das am 3. August 2006 mit der (nicht-kommerziellen) Lizenzvergabe durch das englische Nationalarchiv (TNA) an die O'Quinn Law Library (Houston) offiziell gestartet wurde. Das Ziel dieses ambitionierten Unterfangens ist, die wichtigsten (englischen) Rechtsquellen aus der Zeit zwischen 1272 und 1650 für Wissenschaftler bequem und kostenfrei in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Da Prof. Palmer bereits vor der Lizenzvergabe mit der Digitalisierung begonnen hatte, liegt bereits eine große Anzahl von Quellen auf Netz. Die Bilder können entweder vollständig heruntergeladen oder online eingesehen werden (eine Anleitung hierzu liegt ebenfalls auf Netz), bieten also eine ideale Möglichkeit, bequem und vor allem preiswert an Archivmaterial zu gelangen.

 

Das Projekt konzentriert sich momentan auf die Gerichtsakten der King's Bench, dem höchsten Common Law Gerichtshof Englands (KB 27) und des Court of Common Pleas, einem anderen Common Law Gericht (CP 40), die so gut wie vollständig erhalten sind. Die Akten der King's Bench sind für all diejenigen von Interesse, die sich für Strafprozesse und Kronklagen interessieren. Das Gericht war darüber hinaus Appellationsinstanz für alle Entscheidungen niederer Gerichte (mit wenigen Ausnahmen). In den Gerichtsprotokollen des Court of Common Pleas findet man Zivilklagen, und zwar vornehmlich Land- und Schuldklagen. Beide Quellen sind aber nicht nur aus rechtsgeschichtlicher Sicht interessant, sondern eignen sich zudem auch für Regionalstudien, prosopographische Analysen (besonders über deutsche und italienische Kaufleute). Daneben werden die Memoranda Rolls des Lord Treasurer's Remembrancer (E 368) und des King's Remebrancer (E 159) sowie die Gerichtsakten der englischen Finanzbehörde (Exchequer) (E 13) ebenso berücksichtigt wie Kanzleidokumente (Chancery orders and decrees, C 33) bis 1650 und die Gerichtsrollen der Reiserichter (itinerant justices' rolls, JUST 1) für die Zeit von 1272-1350.

 

Neben der Bereitstellung eines umfangreichen Digitalarchivs (und Hinweisen zur Zitierweise der Bilder) bietet die Webseite eine Anleitung zur Paläographie mit Beispielen aus lateinischen und englischen Quellen und erläutert, wie Gerichtsprotokolle zu lesen sind, ist also auch für die Lehre zu benutzen.

 

Dabei ist die Webseite nicht prinzipiell auf englisches Material beschränkt. Vielmehr besteht die Bereitschaft seitens der Betreiber, Rechtsquellen aus anderen Archiven aufzunehmen, sofern die Bilder (kostenfrei) zur Verfügung gestellt werden. Es wäre zu wünschen, dass dieses Angebot umfangreich wahrgenommen wird.

 

London                                                                                                                      Susanne Jenks