Altes Reich und neues Recht. Von den Anfängen bürgerlicher Freiheit (= Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 15. 9. 2006 bis 10. 12. 2006 im Reichskammergerichtsmuseum und im Stadt- und Industriemuseum Wetzlar, hg. v. Schmidt-von Rhein, Georg/Cordes, Albrecht. (ohne Verlag), Wetzlar 2006. VI, 384 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als am 6. August 1806 das heilige römische Reich endete, kam auch die Tätigkeit seiner Organe zu einem plötzlichen Schluss. Zwar war noch das gegenständliche Erbe zu verwahren, blühendes Leben war aber nicht mehr vorhanden. Die Abwicklung stand im Vordergrund und die Liquidatoren öffneten Tore nur für Auserwählte auf besonderen Wunsch.

 

Für das zuletzt in Wetzlar beheimatete Reichskammergericht änderte sich diese triste Lage eigentlich erst am Ausgang des 20. Jahrhunderts, als es Bernhard Diestelkamp von Frankfurt am Main aus gelang, eine Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung ins Leben zu rufen und ihr zu ausreichenden öffentlichen Mitteln zu verhelfen. Seitdem gibt es in Wetzlar ein Reichskammergerichtsmuseum. Mit zahlreichen Aktivitäten macht es, unterstützt von führenden Persönlichkeiten aus Politik und Justiz, immer wieder auf sich aufmerksam.

 

Zu diesen Tätigkeiten gehören außer öffentlichen Vorträgen auch regelmäßige Ausstellungen. Eine dieser Ausstellungen fand aus Anlass der zweihundertsten Wiederkehr des Endes des alten Reiches vom 15. September 2006 bis zum 20. Dezember 2006 im Reichskammergerichtsmuseum und im Stadt- und Industriemuseum statt. Sie wurde von Georg Schmidt-von Rhein konzipiert, von Albrecht Cordes wissenschaftlich beraten und von einer Reihe fähiger Helfer ins Werk gesetzt.

 

Der zugehörige, von verschiedenen Geldgebern freundlicherweise geförderte Ausstellungskatalog fasst eine Reihe wissenschaftlicher Abhandlungen mit einem Farbteil und einem schwarz-weißen Katalog zusammen. Dem schließt sich eine Bibliographie zum Aufsatzteil und zum Ausstellungskatalog an. Ein Autorenverzeichnis ordnet die 13 Autoren in alphabetischer Folge übersichtlich an.

 

Im Aufsatzteil befasst sich Erhard Denninger eingehend mit Grundrechten – heute. Georg Schmidt-von Rhein handelt über die Geschichte der Philosophie des klassischen Naturrechts, Diethelm Klippel über das deutsche Naturrecht am Ende des alten Reiches, Nicole Grochowina über Freiheit und Bürgerrecht im alten Reich, Peter Oestmann über Menschenrechte und ihre gerichtliche Durchsetzung im alten Reich, Anette Baumann über berufliche, politische und biographische Hintergründe der Richter und Anwälte in der Spätzeit des Reichskammergerichts, Barbara Dölemeyer über das neue Recht durch Napoleons Gesetzbuch, Karl Härter über Veränderungen, Reformen und Beharren im Strafrecht zwischen Aufklärung, Reichsende und Rheinbundzeit, Rainer Bohnen über das neue Recht in der Anwendung, Ingrid Scheurmann über die Wetzlarer Rechtsschule, Hans-Werner Hahn über Entwicklungsprozesse im Wetzlarer Stadtbürgertum in der Reichskammergerichtszeit und Irene Jung schließlich über die Entwicklung Wetzlars von der Reichsstadt zur preußischen Kreisstadt. Anschließende Farbbilder zeigen dann etwa Maximilan I., Die Goldene Bulle, den Dom zu Frankfurt am Main, Berthold von Henneberg, Thomas Hobbes, John Locke, zwei Porzellantassen, Wetzlar um 1800 und vieles andere, der Katalogteil zahlreiche Nummern zu Reich und Reichsjustiz (beginnend mit Karl dem Großen), Aufklärung und Naturrecht, Die Judikatur des Reichskammergerichts im 18. Jahrhundert, Napoleon und sein Gesetzbuch, Wandel im Strafrecht sowie Wetzlar im Staate Dalbergs. Insgesamt wird auf diese Weise vieles zwischen altem Reich und neuem Recht in eindrucksvoller, die Erinnerung an das Wirken des Reichskammergerichts in Wetzlar wachhaltender Weise veranschaulicht.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler