Voltmer, Rita, Wie der Wächter auf dem Turm. Ein Prediger und seine Stadt. Johannes Geiler von Kaysersberg (1445-1510) und Straßburg (= Beiträge zur Landes- und Kulturgeschichte 4). Porta Alba Verlag, Trier 2005. XIV, 1097 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

In Schaffhausen wurde am 16. März 1445 als Sohn eines Notariatsgehilfen Johannes Geiler von Kaysersberg geboren, der nicht nur als volkstümlichster Prediger des ausgehenden Mittelalters gilt, sondern auch als Rechtsreformer. Freilich studierte er nach seiner in Ammerschweier und Kaysersberg im Elsass verbrachten Kindheit ab 1460 in Freiburg im Breisgau nur Artistik und seit 1471 in Basel nur Theologie und verließ die Universität trotz Dekanat, Doktorat und Rektorat zu Gunsten der Volkspredigt in Straßburg. In seinen derb-witzigen Ansprachen kritisierte er aber die Zustände in der Kirche scharf und forderte grundlegende Reformen, so dass er als ungefährer Zeitgenosse Sebastian Brants und Martin Luthers auch Juristen nicht völlig bedeutungslos sein kann.

 

Die Verfasserin ist dem 1490 von Hans Burgkmair dem Älteren eher hager-streng portraitierten Geiler bereits 1983/1984 bei Franz Irsigler in Trier begegnet. Die von ihm auf sie ausgehende Anziehungskraft hat 1991 zu der 450-seitigen Magisterarbeit Städtische Armut und Armenfürsorge im Spiegel der spätmittelalterlichen Volkspredigt geführt. In weiteren langen Jahren ist daraus die nunmehr vorgelegte eindrucksvolle Dissertation gewachsen.

 

In ihrer umfangreichen Einleitung beschreibt die Verfasserin die bisherige Forschung, die Quellen und die eigene Zielsetzung. Danach erkundet sie Johannes Geilers Lebenslauf, soziales Umfeld, Predigtamt und Predigtkunst und untersucht eindringlich und umfassend Stadt und Gesellschaft in der Wahrnehmung Johannes Geilers und dessen reformatio wie gute pollicy und ordnung betreffenden, bereits 1482 erkennbaren, jedoch im Ergebnis weitgehend gescheiterten Entwurf einer fundamentalen Reform des städtischen Lebens, der unter anderem auch die Gerechtigkeit vor Gericht und bei der Besteuerung einbezieht. Ihre einleuchtenden Ergebnisse fasst sie abschließend sorgfältig zusammen und rundet ihr gewichtiges Gesamtwerk durch Predigtchronologien (von fast 4500 Kanzelreden mehr als 1300 in volkssprachlichen Früdrucken erhalten), Dokumenten- und Briefverzeichnis, Quellen- und Literaturverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis, Ortsregister und Personenregister vorteilhaft ab.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler