Vogel, Florian, Urheber- und Erfinderrechte im Rechtsverkehr. Eine historisch-dogmatische Untersuchung (= Münchener Universitätsschriften, Juristische Fakultät, Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 93). Aktiv Druck & Verlag GmbH, Ebelsbach 2004. XI, 276 S. Besprochen von Elmar Wadle.

 

Die Untersuchung Vogels, eine Münchner Dissertation (Erstgutachter Peter Landau), ist von der Überzeugung getragen, dass „die historische Betrachtung … helfen kann, die aktuellen Probleme zu lösen“ oder doch wenigstens „zu einem besseren Verständnis dieser Probleme“ beizutragen (S. 5). Um welche Probleme es geht, wird in der Einleitung mehr angedeutet als genau beschrieben: Es geht um ein besseres Verständnis des Lizenzrechts und dessen aktuelle Probleme. Die Frage nach der Übertragbarkeit, die Möglichkeit einer Typisierung von Lizenzverträgen und anderer Formen der Einräumung von Nutzungsrechten sowie deren Einordnung und die historisch gewachsenen Grundformen des allgemeinen Zivilrechts sollen durch eine „historisch-dogmatische Untersuchung“ des die Urheber- und Erfinderrechte betreffenden „Rechtsverkehrs“ deutlicher hervortreten. Vogel beschränkt seine sehr weit gespannten historischen Betrachtungen auf die Gegenstände, die heute „Urheber- und Erfinderrechte“ genannt werden. Dies ist sinnvoll, solange und soweit beide als „Prototypen“ anderer Arten von Schutzrechten im Bereich des kulturellen und gewerblichen Schaffens gelten können.

 

Vogel eröffnet den Gang durch die Geschichte mit einem knappen Blick auf „Das Privilegienwesen“ – so der Titel des ersten Kapitels. Auf der Basis vorhandener Untersuchungen werden Übertragbarkeit, Vererbung und Lizenzierung untersucht und gegenläufige Beurteilungen je nach Zeit, Gegenstand und Charakter der durch Privilegien erteilten Rechtsstellung vermerkt. Die Untersuchung der Privilegien für Drucker und Autoren einerseits und die Privilegien für Erfinder andererseits scheint für die Thematik Vogels nicht sonderlich ergiebig. Solange weder die eine noch die andere Kategorie von „Gnadenbriefen“ gründlicher erforscht und vor allem ihre praktische Handhabung in den unterschiedlichen Epochen nicht hinreichend bekannt ist, müssen allzu viele Fragen offen bleiben.

 

 

Im zweiten Kapitel („Rechtsverkehr mit immateriellen Schutzrechten im 18. Jahrhundert“) gelingt es besser, die Schutzrechte im Rechtsverkehr mit allgemeinen zivilrechtlichen Kategorien in Beziehung zu setzen. Jedenfalls gilt dies für die im 18. Jahrhundert und früheren 19. Jahrhundert viel diskutierten Rechte der Autoren und Verleger. Die auf der Basis der Locke’schen Eigentumstheorie entwickelte Idee des Geistigen Eigentums, aber auch die in der Praxis geformte Vorstellung vom Verlagsrecht können mit dem weiten Sachbegriff und der Zessionslehre des gemeinen Rechts ebenso konfrontiert werden wie mit der Lehre vom geteilten Eigentum. Vogel stellt die Ergebnisse unter den Stichworten „Verlagsrecht als geteiltes Eigentum“, „Vollständige Übertragung der Autorrechte“, „Beschränkte Übertragbarkeit“ und „Schuldrechtliche Erklärungsversuche“ vor. Während im Bereich der Rechte von Autoren/Verlegern „wesentliche Grundlagen für den Rechtsverkehr im Immaterialgüterrecht bereits hier gelegt“ (S. 56) worden seien, habe die Übertragung und Lizenzierung von Erfindungen und Erfindungsrechten in der Jurisprudenz dieser Epoche kaum Interesse gefunden.

 

Das dritte Kapitel („Die Entwicklung im 19. Jahrhundert bis zur Reichsgründung“) widmet sich ausführlich (insgesamt 82 Seiten) jener Periode, in der die Staaten des Deutschen Bundes im Zuge der beginnenden Industrialisierung gesetzliche Normen schaffen und – teils früher, teils mit Verzögerung – modernere Grundsätze zum Schutz geistigen Eigentums entwickeln konnten. Patentrecht und Urheberrecht werden hier zu Recht deutlich getrennt, wobei jeweils die Gesetzgebung der wichtigsten Staaten sowie Rechtsprechung und Literatur unterschiedlicher Dichte dargestellt werden. Der Einfluss der französischen Gesetzgebung seit 1791 bzw. 1793 ist dabei hinreichend gewürdigt. Für das Patentrecht mögen die im Zwischenergebnis festgehaltenen Stichworte genügen, dass „die Privilegienpraxis auf eine gesetzliche Grundlage gestellt“ worden sei, während im Schrifttum die Materien eine „zurückhaltende Behandlung“ (S. 75) erfahren hätten. Eingehender kommen die Probleme des Rechtsverkehrs im Urheberrecht zur Sprache; die Feststellung, dass allenthalben die Idee des Geistigen Eigentums zu einer weitgehenden Verfügbarkeit der durch Gesetz zugewiesenen Rechtsposition geführt hat, kann man im Wesentlichen zustimmen, da zugleich bedacht wird, dass neue, teils eher pragmatische, teils natur- oder persönlichkeitsrechtlich orientierte Konzepte entwickelt werden. Hervorzuheben ist, dass der Autor Ansätze zu einer praktisch orientierten Rechtsprechung Badens hervorhebt. Im Rückblick wird konstatiert, dass „übergreifende Prinzipien“ (S. 119) weniger durch die Judikatur als durch das Schrifttum entwickelt worden seien. Vogel sieht eine „gewisse Verflachung der naturrechtlichen Lehren“ (S. 120), die zu einer „Verkürzung auf das Materielle“ geführt und den Begriff des „Verlagsrechts“ begünstigt habe, was sich besonders auf die Deutung der Rechtsübertragung ausgewirkt habe.

 

Im vierten Kapitel, das der Gesetzgebung des Deutschen Reiches („Rechtsverkehr mit Immaterialgüterrechten im Deutschen Reich“) gewidmet ist, tritt noch deutlicher als zuvor zutage, dass die Probleme des Rechtsverkehrs unterschiedliche Lösungen im Patentrecht und im Urheberrecht erforderten. Die Einführung des unbedingten Lizenzzwanges (1877) und dessen spätere Neufassung (1911) entfachten eine intensive Diskussion um die dogmatische Einordnung von „unbeschränkter“ und „beschränkter“ Übertragung, mithin von Übertragung und Lizenzierung; letztere konnte, soweit es sich um eine ausschließliche Befugnis handeln sollte, zu einem vom Patentrecht unabhängigen (quasidinglichen) Ausübungsrecht verselbständigt werden, dessen Übertragbarkeit bejaht wurde. Weitere in der Praxis auftretende Probleme führten zur Entstehung des Erschöpfungsgrundsatzes, zur Anerkennung einer stillschweigenden Lizenz bzw. der Zulässigkeit von Beschränkungen und Bedingungen einer Lizenz. Im Urheberrecht bewirkten die Gesetze von 1870/71, 1876, 1991 und 1906 eine Diskussion um die Bedeutung von „beschränkter“ oder „unbeschränkter“ Übertragung. Diese die Differenzierung nach „Vollrechtsübertragung“ und bloßer „Übertragung der Ausübung“ provozierende Unterscheidung führte immer wieder zurück zu den „Grundanschauungen über die Rechtsnatur des Urheberrechts“ (S. 164). Namentlich das Nebeneinander von monistischer und dualistischer Theorie befruchtete die Debatte, die eine Anerkennung der dinglichen Wirkung schuldrechtlicher Vereinbarungen und einer erweiterten Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes ermöglichte.

 

Das fünfte Kapitel behandelt das „Lizenzrecht im 20. und 21. Jahrhundert“, beschränkt sich aber auf die wesentlichen Punkte der Entwicklung. Die bereits in der Weimarer Zeit entbrannte Debatte um die Übertragbarkeit des Urheberrechts fand im Urhebergesetz von 1965 ihr Ende; die zuvor diskutierte Möglichkeit, „Splitterrechte“ einzuräumen, erledigte sich durch die neue Rechtsfigur der „Nutzungsrechte“. Im Patentrecht kam es im Hinblick auf Übertragung und Lizenzierung nur zu geringen Änderungen; so wurde die lediglich schuldrechtliche Wirkung der „einfachen“ Lizenz durch eine Novelle von 1986 um den Sukzessionsschutz verstärkt. Die weitere Entwicklung, die Vogel unter dem Stichwort „Verdinglichung der einfachen Lizenzrechte“ behandelt, betreffen Patentrecht und Urheberrecht gemeinsam, die restlichen Themen vorwiegend oder gar allein das Urheberrecht. Sie befassen sich mit der Anwendung des Abstraktionsprinzips im Urhebervertragsrecht und mit Problemen um die dingliche Beschränkung von Nutzungsrechten und die Reichweite des Erschöpfungsgrundsatzes. Die Überlegungen dringen – wie nicht zuletzt der Titelzusatz „Werk und Werkstück im digitalen Zeitalter“ anzeigt – bis zur aktuellen Diskussion vor, die hier nur mit dem Hinweis auf das so genannte OEM-Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2000 angedeutet werden kann.

 

Mit diesem lesenswerten Beitrag zum geltenden Recht endet die Arbeit. Auf eine Zusammenfassung wird verzichtet; angesichts der ausführlichen Einleitung, die auch Ergebnisse andeutet, ist dies vertretbar. Die Darstellung Vogels ist solide gearbeitet; die einschlägige ältere und neuere Literatur ist weitgehend beachtet, ebenso die Rechtsprechung von der Reichsgründung bis zur Gegenwart. Einige sprachliche Unebenheiten (S. 89: „Im Urheberrecht wurde bis weit im 19. Jahrhundert fleißig nachgedruckt …“) mindern den positiven Gesamteindruck nur wenig.

 

Dennoch drängt sich die Frage auf, ob es nicht besser gewesen wäre, die Grenzen nach Gegenstand und Zeit etwas enger zu ziehen. Eine Konzentration auf den Rechtsverkehr im Urheberrecht seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wäre überzeugender gewesen. Einerseits weisen Erfinder- und Patentrecht im Zeitalter des Schutzes durch Privilegien viel Ähnlichkeit mit dem Schutz der Autoren und Verleger auf; seit der Patentdebatte um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Erfindungsschutz jedoch zunehmend durch eigene vorwiegend ökonomisch orientierte Grundaussagen geprägt, die im Urheberrecht weniger Resonanz gefunden haben. Andererseits gibt es – trotz der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland – eine anhaltende nicht weniger tiefgreifende Diskussion um die Zuordnung des Softwareschutzes zum Urheberrecht oder zum Patentrecht bzw. die Notwendigkeit eines eigenständigen Leistungsschutzrechtes. Eine andere Zuordnung als die aktuelle hätte gewiss auch wichtige Konsequenzen für die Theorie des Rechtsverkehrs.

 

Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass die weit ins 18. Jahrhundert zurückreichende Diskussion um das Recht von Autor oder Verleger im Zuge der Gesetzgebung und Rechtsprechung in den deutschen Staaten und durch die bundesweiten Bemühungen um eine Vereinheitlichung des Urheberrechts nach 1850 neu orientiert worden ist; alle diese Ansätze finden in der Gesetzgebung des Reiches ihren Niederschlag und bieten nun einen festen Bezugspunkt für die weitere zivilrechtsdogmatische Einordnung. Hier wäre der Beginn einer historisch-dogmatischen Untersuchung plausibler gewesen.

 

Diese kritischen Bemerkungen wollen und können die Verdienste der Arbeit nicht schmälern; diese liegen nicht zuletzt darin, dass interessante und im rechtshistorischen Diskurs eher vernachlässigte Fragen um das Geistige Eigentum neu gestellt werden.

 

Saarbrücken                                                                                                              Elmar Wadle