Vinnius, Arnold, Institutionenkommentar Schuldrecht. Text und Übersetzung, ins Deutsche übersetzt v. Wille, Klaus, mit einer Einführung v. Zimmermann, Reinhard. C. F. Müller, Heidelberg 2005. XXXV, 802 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Institutionen sind seit Gaius das Tor zur römischen Jurisprudenz. Um 160 n. Chr. hatte der hauptsächlich in der Provinz tätige, nicht mit dem ius respondendi begabte Rechtskundige die Einrichtungen des römischen Rechts kurz und klar dargestellt. Seine Gliederung des Stoffes in personae, res und actiones (wer, was, wie) ist, obwohl sie nicht mit der Vierzahl der dadurch gebildeten Bücher übereinstimmt, so eingängig, dass sie von Justinian in dessen eigenem als Gesetz erlassenem Einführungslehrbuch Institutionen 533 mit geringer Abwandlung übernommen wurde.

 

Auch im Vorgang der hochmittelalterlichen Wiederentdeckung des römischen Rechts hatten die Institutionen gegenüber Digesten, Codex und Novellen den Vorzug des einfacheren Zugangs zur Sache. Deswegen standen sie jeweils am Beginn des einzelnen Studiums. Wegen der geringeren Schwierigkeit des Gegenstandes hatte dementsprechend der Professor der Institutionen den niedrigsten Rang innerhalb der juristischen Fakultät.

 

Trotz dieser verhältnismäßigen Geringschätzung mussten die Institutionen stets den Grund legen. Nur wer sie kannte, konnte zu den Feinheiten der weiteren justinianischen Gesetze aufsteigen. Deswegen boten die Institutionen stets die größte Chance zu breitester Wirkung.

 

Sie besonders erfolgreich wahrgenommen hat Arnold Vinnius. Er wurde in Monster bei Den Haag am 4. Januar 1588 geboren und gelangte mit 15 Jahren an der Universität Leiden unter den Einfluss des Gerard Tuningius, eines Schülers Hugo Doneaus. Zum Abschluss seiner langen Studien wurde er 1612 oder 1613 promoviert, musste aber 20 Jahre mit der Stelle des Leiters der Lateinschule in Leiden vorliebnehmen, bis er mit 45 Jahren eine außerordentliche und mit 48 Jahren eine ordentliche Professor an der juristischen Fakultät erlangte.

 

Vermutlich hat diese lange Zeit seiner didaktischen Entwicklung gedient. Jedenfalls konnte er der Edition eines Institutionenkommentars seines Lehrers (1618) 1642 einen sehr ausgereiften eigenen Institutionenkommentar sowie 1646 eine eigene Ausgabe der Institutionen mit Anmerkungen folgen lassen. In seinem Kommentar bietet er mit großem Erfolg eine philologisch-historische Erklärung des Textes mit vielen, mittelbar vielleicht durch Hugo Grotius’ 1621 veröffentlichte, ihrerseits der Systematik der Institutionen folgende Inleydinge tot de Hollandsche Rechts-Geleertheyd beeinflussten Angaben zum einheimischen geltenden Recht, so dass er auf Grund dieser Leistung als erster Vertreter der eleganten Jurisprudenz gilt, der freilich bei seinem Tode nur einen überschuldeten Nachlass hinterlassen konnte.

 

Der in zahlreichen, nach dem Tode des Vinnius veröffentlichten Auflagen sichtbare Erfolg rechtfertigt es, wie Reinhard Zimmermann in seiner überzeugenden Einführung darlegt, den in Geist wie Wirkung genuin europäischen Text auch der Gegenwart erneut zugänglich zu machen. Deswegen wird er in fotomechanischem Nachdruck der Ausgabe durch Heineccius von 1726 mit einer deutschen Übersetzung durch Klaus Wille neu vorgelegt. Beschränkt ist diese Ausgabe allerdings noch auf das Kernstück des bei Vinnius in den Teilen drei und vier behandelten Schuldrechts, vielleicht ist dies aber nur ein Anfang, der noch eine ebenso vorteilhaft durch Personenverzeichnis und Register der Erläuterungen abgerundete Fortsetzung bezüglich der übrigen Teile des Institutionenkommentars finden und eines Tages sogar jedermann elektronisch zur Verfügung stehen wird.

 

Innsbruck                                                                                                                  Gerhard Köbler