Sticherling, Philipp, Schenkungen in fraudem testamenti. Zur analogen Anwendbarkeit der §§ 2287, 2288 BGB beim gemeinschaftlichen Testament. Zugleich ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments im Bürgerlichen Gesetzbuch. Duncker & Humblot, Berlin 2005. 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die 2004 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene, von Jörn Eckert betreute Dissertation des Verfassers. Ihr geht es um die Frage, dass bei einem Erbvertrag beim Verschenken des Vermögens zu Lebzeiten durch den Überlebenden der Vertragserbe durch die §§ 2287, 2288 BGB geschützt wird und dass diese Vorschriften von der herrschenden Meinung für das gemeinschaftliche (Berliner) Testament analog angewandt werden. Auf der Grundlage vereinzelter kritischer Gegenstimmen unterzieht der Verfasser diese Analogie einer Prüfung.

 

Dabei stellt er einen methodentheoretischen Teil an die Spitze. In ihm geht er der Bedeutung der historischen Auslegung sorgfältig nach. Nach Darstellung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur nimmt er eigenständig Stellung.

 

Danach untersucht er Schenkungen nach dem Tod eines Ehegatten und stellt nach einem Überblick über den derzeitigen Meinungsstand das Vorliegen einer Gesetzeslücke fest. Im Rahmen der historischen Auslegung greift er auf römisches und deutsches Recht zurück. Sehr ausführlich untersucht er dabei die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1896/1900.

 

Im Ergebnis betont er die Bindungswirkungen des Erbvertrags und des gemeinschaftlichen Testaments. Von daher unterstützt auf der Grundlage der Entscheidung für eine subjektive Auslegungstheorie die historische Auslegung die herrschende Meinung, obgleich sich eine verbindliche Anordnung des Gesetzgebers des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht sichern lässt. Dementsprechend sind die kritischen Stimmen nicht überzeugend.

 

Der Verfasser geht jedoch eigenständig noch einen Schritt über die herrschende Meinung hinaus, welche die Analogie der §§ 2287, 2288 BGB erst nach dem Tod des Erstversterbenden analog anwenden will. Unter bestimmten Umständen sollen bereits nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht die §§ 2287, 2288 BGB auch Schenkungen zu Lebzeiten beider Ehegatten erfassen. Der Verfasser hält eine allgemeine Anwendung der §§ 2287, 2288 BGB zu Lebzeiten beider Ehegatten für die geschichtlich gesehen überzeugendere Lösung.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler