Steinberg,
Georg, Christian Thomasius als Naturrechtslehrer (= Hallesche Schriften zum
Recht 22). Heymann, Köln 2005. XIII, 251 S. Besprochen von Marcel Senn.
Über Steinbergs Dissertation zu
Thomasius, die bei Hinrich Rüping verfasst und von Rolf
Lieberwirth mitbetreut wurde, ist nur Positives mitzuteilen. Die
Untersuchung hält, was sie verspricht. Sie b
Der Autor erstellt ein konzises Bild
von Thomasius als Lehrer des Naturrechts, der im Geiste der
Frühaufklärung die Lehransichten seiner Zeitgenossen zum Privat-, Straf-,
Staats- und Kirchenrecht kritisiert und dadurch seine eigene Rechtstheorie
entwickelt. Für Thomasius bedeutete Aufklärung Hinwendung zur Praxis.
Der Autor folgt ihm darin, wenn er die Vorlesungstätigkeit und ihre
Rückwirkungen auf die mannigfachen Veränderungen der Naturrechtstheorie von
Thomasius erhellt. Anhand dieser Lehrtätigkeit kann Steinberg die
mannigfachen Korrekturen, die Thomasius an seinen Anschauungen zum
Naturrecht vornahm, genau beobachten und den Leser daran teilhaben lassen. Dies
ist ausgesprochen faszinierend, weil der Autor substanziell informiert. So
lassen sich die Impulse, die für Thomasius’ intellektuellen Prozess
entscheidend waren, differenziert erfassen, wodurch das eine oder andere in der
sonst (allerdings nicht zu Unrecht) eklektisch empfundenen Theorienbildung des
Rechts bei Thomasius auch besser verständlich wird, insbesondere (S. 107-131) mit
Bezug auf den großen Entwicklungsschritt von der Göttlichen
Rechtsgelahrtheit (lat. 1688) zu den Fundamenta Juris Naturae et Gentium
(1705).
Die Methode des Autors war zwar gewiss
arbeitsintensiv, aber sie ist auch entsprechend gewinnbringend für uns und kann
daher als vorbildlich bezeichnet werden. Steinberg verfällt nie in Deskription
um ihrer Selbst willen, sondern erarbeitet seine Darstellung präzise und belegt
seine Feststellungen und fokussiert stets auf die wesentlichen Aussagen. Das
umfangreiche Quellenmaterial hierfür hat Thomasius selbst mit seinen Vor- und
Rückschauen auf seine Lehrtätigkeit geliefert. Gesichert werden diese Angaben
durch den Hallenser Codex Lectionum. Im Anhang findet sich eine minutiöse Übersicht
über die 219 Lehrveranstaltungen, woraus sich Informationen über Dauer und
Intensität des Unterrichts sowie über Inhalt und die verwendeten Quellen entnehmen
lassen. Die berücksichtigte Sekundärliteratur schließt allerdings auf dem Stand
des Jahres 2000.
Steinberg bereichert mit dieser soliden
Untersuchung nicht nur die Beiträge des Hallenser Symposiums zum Anlass des 350.
Geburtstags von Thomasius, das in Halle im Januar 2005 stattfand, sondern er
legt damit auch eine Untersuchung vor, die für die künftige Forschung zu
Thomasius unverzichtbar ist.
Zürich