Regesten Kaiser
Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller,
Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta
Imperii, Unterreihe). Heft 21 Die Urkunden und Briefe aus den schlesischen
Archiven und Bibliotheken der Republik Polen (mit Nachträgen zum Heft Sachsen),
bearb. v. Holtz, Eberhard. Böhlau, Wien 2006. 110 S. Besprochen von J.
Friedrich Battenberg.
Als historische Region nahm Schlesien im spätmittelalterlichen Reich eine Sonderposition ein. Beherrscht weitgehend von verschiedenen Linien der Przemysliden-Herzoge, gehörte das Land in den Einflussbereich des Königreichs Böhmen. Unter Kaiser Friedrich III. hatte das Land ein wechselvolles Schicksal zwischen Böhmen, Polen und auch Ungarn, war ein Spielball unterschiedlicher dynastischer Mächtekonstellationen, bis es endlich nach der Schlacht bei Mohacz 1526 für lange Zeit endgültig in habsburgische Hand geriet. Als Nebenland Böhmens hatte Schlesien gleichwohl keine unmittelbare Beziehung zu Kaiser und Reich, zumal auch die Herzoge des Landes nicht als Reichsfürsten galten. Es war eine weitgehend königsferne Landschaft, in die auch der Kaiser als oberster Gerichtsherr des Reichs wenig einwirken konnte. Immerhin gab es während der luxemburgischen Zeit Karls IV., Wenzels und Sigmunds die Praxis, dass die Przemysliden-Herzoge als Räte, Hofmeister und Hofrichter intensiv in die Gerichtsbarkeit am Kaiserhof eingebunden wurden – ohne dass dies allerdings erkennbare Auswirkungen auf das Land hatte.
Der Bearbeiter des schmalen Regestenbands geht in seiner Einleitung knapp auf die Geschichte des Landes ein, erläutert aber vor allem auch die Archivgeschichte. Relevant für die Sammlung waren das Staatsarchiv (mit dem Familienarchiv des Fürstentums Oels), das Diözesanarchiv und das Stadtarchiv Breslau, daneben auch die Handschriftenbestände der Universitäts-, der Stadt- und der Dombibliothek Breslau. Durch die Neuorganisation des Archivwesens nach 1945 wurden die Staatsarchive Breslau, Kattowitz und Oppeln mit ihren Außenstellen sowie die Universitätsbibliotheken sowie weitere bibliothekarische Handschriftenbestände relevant. Insgesamt aber konnten nicht mehr als 124 Fridericiana für das vorliegende Heft ermittelt werden. Von 118 auf Schlesien bezüglichen Urkunden entstammen 62 dem Breslauer Staatsarchiv (wo sich auch die Urkunden des ehemaligen Stadtarchivs befinden). Doch nur 21 Originale und 38 abschriftlich überlieferte Urkunden Friedrichs III. konnten aufgenommen werden; der Rest wurde aus Regesten oder in anderer Form erschlossen bzw. rekonstruiert.
Inhaltlich machen mit einem Drittel die kaiserlichen Mandate und Inhibitionen die größte Urkundenzahl aus, Urkunden, die Friedrich III. vor allem als Vormund König Ladislaus’ im Zusammenhant mit innerschlesischen oder anderen Konflikten erlassen hat. Ein Viertel der Regesten bezieht sich auf Ereignisse der allgemeinen Reichspolitik bzw. der europäischen Politik, etwa zur Beilegung des Kirchenschismas oder zur Regelung des Konflikts mit Ungarn, Polen und Böhmen. Etwa ein Fünftel der Dokumente beinhalten die eigentlichen Gerichtssachen, meist Ladungsbriefe und Kommissionserteilungen. Achterklärungen und Beurkundungen von Kammergerichtsurteilen fehlen, da die Untertanen der Krone Böhmen von auswärtigen Gerichten befreit waren. Ein weiteres Fünftel des erfassten Materials besteht aus Privilegien, Lehnsbriefen (15 %) sowie aus Urkunden über die Auseinandersetzungen des Kaisers mit seinem Bruder Albrecht VI. (5 %).
Die Regesten sind in der üblichen Weise wie schon bei den anderen Regestenheften recht ausführlich gehalten. Das Register enthält nur Hinweise auf Personen und Orte, ist aber gleichwohl zur Erschließung des dokumentierten Materials gut geeignet. Auch wenn der rechts- und verfassungshistorische Ertrag des Regestenhefts nicht allzu hoch ist, so bietet es doch eine Menge von Hintergrundinformationen zur Struktur und Staatlichkeit Schlesiens im Spätmittelalter an, insbesondere zur Intensität und zu den Grenzen kaiserlicher Gewalt in diesem dynastisch umstrittenen Nebenland Böhmens.
Darmstadt J. Friedrich Battenberg